INFLATION: Gekommen um zu bleiben?

INFLATION: Gekommen um zu bleiben?

 

Das kennt jeder: mal wird ein Produkt teurer, dann wieder günstiger. Natürlich versuchen wir Kunden, möglichst zum richtigen Zeitpunkt billig zuzuschlagen. Das gelingt nicht immer, vor allem, wenn wie in den letzten Monaten eine starke Inflation herrscht. Aber was bedeutet das? Die Europäische Zentralbank definiert: Kommt es zu in einem oder mehreren Ländern zu einem allgemeinen Preisanstieg, werden also nicht nur einzelne Produkte teurer sondern viele, so herrscht Inflation. Im Ergebnis können wir Endverbraucher mit dem gleichen Geldbetrag nicht mehr so viel kaufen wie in der jüngeren Vergangenheit. Viele Menschen haben das zum Beispiel in der zurückliegenden Urlaubssaison bitter erfahren müssen, als die Preise für Flugreisen im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen sind. Das freut natürlich keinen, schließlich hat man für sein Geld genauso hart gearbeitet wie vor der Entwertung. Nur bekommt man eben jetzt weniger dafür. Ist Inflation also durch und durch böse? Wir schauen uns die Sache mal genauer an und geben mit Hilfe unserer Experten eine Einschätzung ab, wie sie sich in Zukunft höchstwahrscheinlich weiterentwickelt.

Wie Inflation wirkt

Die erste Überraschung: eine moderate Inflation, wie zum Beispiel die von der EZB angestrebten zwei Prozent kann sogar sehr positive Effekte auf Volkswirtschaften haben. Preise passen sich untereinander an und schaffen Raum für Investitionen. Das verbessert die Produktivität, hält Kredite bezahlbar und hilft Gesellschaften sich durch Innovation dynamisch weiterzuentwickeln und der Arbeitslosigkeit zu entgegenzuwirken.  Schuldner werden entlastet und Gläubiger belastet. Richtig schwierig wird es erst, wenn die Inflation vollkommen aus dem Ruder läuft. Dann spricht man von Hyperinfaltion, einem Szenario von dem wir – gottlob – noch weit entfernt sind. Sie hat in der Vergangenheit ganze Existenzen komplett vernichtet und Wirtschaft überall auf der Welt in schwere Krisen getrieben. Um das um jeden Preis zu vermeiden haben, die Zentralbanken Fed und EZB im letzten Jahr kräftig an der Zinsschraube nach oben gedreht. Aber hat das schon gereicht, um den bösen Geist mit dem großen I wieder zurück in die Flasche zu treiben?

EZB dreht die Zinsschraube weiter nach oben

Aber erst mal langsam. Ganz aktuell hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins im Euroraum im September 2023 zum zehnten Mal in Folge angehoben: Er beträgt nun 4,5 Prozent. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone liegt derzeit bei 5,3 Prozent, in Deutschland beträgt sie 6,1 Prozent. Das soll die anhaltend hohe Inflation effektiv bekämpfen. Ein Move, der von der einen Seite begrüßt, von der anderen jedoch auch kritisiert wird. Warum? Weil das schwache Wirtschaftswachstum durch immer höhere Zinsen noch weiter ausgebremst werden könnte. Wenn die Konjunktur lahmt, ist das nämlich schlecht für den Arbeitsmarkt und damit für die Menschen, die dadurch vielleicht ihre Jobs verlieren oder weniger Geld verdienen. Wirtschaftsexpertinnen und -experten hatten deswegen zuletzt intensiv diskutiert, ob die EZB ihre Serie von Zinserhöhungen unterbrechen sollte. 

„Die konjunkturellen Aussichten hätten in einem „normalen“ Umfeld schon einige Zeit dazu geführt, dass es keine weiteren Zinserhöhungen gegeben hätte.“

(Matthias Schmidl, Leiter der Wertpapierabteilung der Sparkasse Regensburg) 

Unangenehme Nebenwirkungen mit steigenden Zinsen

Denn auch wenn die höheren Zinsen eindeutig das Mittel der Wahl gegen eine galoppierende Geldentwertung sind, haben sie leider auch unangenehme Nebenwirkungen: sie verteuern zum Beispiel Kredite. Das kann die allgemeine Nachfrage nach Produkten, Dienstleistungen und Gütern jeder Art bremsen und so den hohen Teuerungsraten zusätzlich entgegen wirken. Ganz besonders spürt das im Augenblick der jahrzehntelang durch niedrige Zinsen befeuerte deutsche Immobilienmarkt, der nach dem abrupten Ende des Booms des mit historischen Auftragsrückgängen zu kämpfen hat.  Weil also teurere Kredite zugleich eine echte Last für die Wirtschaft im Ganzen bedeuten, entstehen breite Risiken für die Zukunft. Die EU-Kommission reduzierte Mitte September ihre Konjunkturprognosen für die Europäische Union (EU) und für Deutschland. Sie rechnet für die EU und für die Eurozone im laufenden Jahr nur noch mit 0,8 Prozent Wirtschaftswachstum. Die deutsche Wirtschaft wird nach dieser Einschätzung 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen. Das schmerzt! 

Der Kampf gegen die Inflation bremst

Trotzdem will und muss die EZB keine Zweifel an ihrer Entschlossenheit im Kampf gegen die Inflation aufkommen lassen. Angesichts der nur allmählich zurückgehenden Raten ist dies verständlich. Sie darf mit weiteren Zinserhöhungen jedoch nicht überziehen. Andernfalls besteht – auch wegen der sogenannten Wirkungsverzögerungseffekte von geldpolitischen Maßnahmen – die Gefahr, dass die Wirtschaft am Ende zu stark gedämpft wird. In vielen Branchen ist jetzt schon eine Eintrübung zu erkennen. Zu schwarz sollte man die Lage aber auch nicht an die Wand malen. Denn Deutschland hat immer noch gute Voraussetzungen, um aus der aktuellen Schwächeperiode herauszukommen. Das zeigt auch der „S-Mittelstands-Fitnessindex“, der vom DSGV (Deutschen Sparkassen- und Giroverband ) Anfang September 2023 in Berlin vorgestellt wurde. Eine durchaus gewichtige Publikation, für die anonymisierte Unternehmensbilanzen von mehr als 300.000 Firmenkunden der Sparkassen-Finanzgruppe ausgewertet wurden. Fazit: Der Mittelstand funktioniert und er ist das Fundament Deutschlands. Was noch fehlt, sind schnelle, kraftvolle Veränderungen.

EZB peilt „idealen“ Leitzinssatz für 2025 an

Die schlechte Nachricht: Die hohe Inflation im Euroraum wird nach Einschätzung der EZB langsamer zurückgehen als bislang erwartet: Für das laufende Jahr rechnet die Notenbank nun mit einer Teuerungsrate von 5,6 Prozent. In ihrer Juni-Prognose war sie noch von 5,4 Prozent Inflation im Jahresschnitt 2023 ausgegangen. Für 2024 sagte sie ebenfalls eine höhere Teuerungsrate von 3,2 Prozent (nach 3,0 Prozent im Juni) voraus. Für 2025 erwartet sie inzwischen eine etwas niedrigere Rate von 2,1 Prozent, was vom Preisniveau her schon nahe der angestrebten Zielmarke läge. Die Notenbank-Chefin Lagarde scheint sich der Problematik bewusst zu sein. Sie deutete bereits die Möglichkeit einer Zinspause im Herbst an und ließ sogar die Möglichkeit eines Endes der Zinserhöhungen anklingen: Die EZB sei „der Auffassung, dass die EZB-Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird“. Aber ob dies so rasch gelingt, ist unter Experten umstritten.

„Deglobalisierung, Decarbonisierung und Demographie: diese 3 D´s werden die Inflationsraten auf längere Zeit nicht auf die Zielmarke von mittelfristig 2% zurückbringen. Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben.“

(Matthias Schmidl, Leiter der Wertpapierabteilung der Sparkasse Regensburg)

Fed legt bereits eine Zinspause ein

Die gute Nachricht: Die US Zentralbank Fed hat kurz vor der  Veröffentlichung dieses Artikel wie erwartet eine Zinspause eingelegt. Das gibt dem S-Notenbank-Chef Powell die Möglichkeit etwas Zeit zu gewinnen, um weitere Entwicklungen abzuwarten und zu beobachten. Oder wie man in Bayern so schön sagt: Der Kas ist noch nicht gegessen, man fährt auf Sicht. Eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr hält man sich explizit offen.  Die Leitzinsspanne liegt weiterhin bei 5,25 bis 5,50 Prozent und die Daten der  nächsten Monate werden zeigen, ob es bis zum Ende des Jahres dann doch eher 5,60 Prozent sind. Die US-Teuerungsrate  stieg im vergangenen Jahr auf gut neun Prozent – und ist dann Schritt für Schritt gesunken. Im zurückliegenden August waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat der US-Regierung zufolge um 3,7 Prozent gestiegen. Für dieses Jahr rechnet die Fed mit einer Inflationsrate von im Schnitt 3,3 Prozent – eine leichte Korrektur nach oben um 0,1 Prozentpunkte. Für das kommende Jahr prognostiziert man 2,5 Prozent. Damit geht die Inflation in den USA nach dem rasanten Anstieg nun stetig zurück.

„Die Notenbanken haben Angst vor der Geschichte. In den späten 70ern wurde die Zinsschraube in den USA zu früh gelockert und die Inflationsraten schossen erneut nach oben. Das hatte zum Ergebnis, dass damals die Zinsen in den USA auf über 20% angehoben wurden. Das will man heute unbedingt verhindern.“

(Matthias Schmidl, Leiter der Wertpapierabteilung der Sparkasse Regensburg)

Kurz gesagt: Es bleiben also viele Risiken. Aber es gibt ihn doch, den schmalen Streif am dunklen Inflationshorizont. Immer vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen ändern sich nicht unerwartet und grundlegend, zum Beispiel durch unvorhergesehene externe Schocks, wie wir sie in der Vergangenheit leider schon oft erlebt haben. Man denke nur an die Corona-Pandemie oder den Ukrainekrieg mit all seinen welt- und wirtschaftspolitischen Verwerfungen, die bis heute andauern. Und natürlich gibt es auch wirtschaftsinterne Risiko-Faktoren, wie zum Beispiel eine Lohn-Preisspirale, die die Geldentwertung trotz aller Maßnahmen der Zentralbanken befeuert oder etwa eine Stagflation, also eine Stagnation des Wirtschaftswachstum bei anhaltender Inflation.  

Was bleibt? Daumen drücken, Geduld beweisen und positiv denken. Denn irgendwann in Zukunft wird es auch wieder einfacher und risikoärmer werden, mit dem sauer gesparten Geld echte Rendite zu erwirtschaften! 

(Quelle: Sparkasse.de, Deka.de)

 

     

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