GASTINTERVIEW MASTER OF THE UNI-VERS: Thomas Spitzer fragt Lisa Christ

Die Sparkasse Regensburg sponsert dieses Jahr gleich zweimal den Master of the Uni-VersAm 15. Mai 2017 geht das Poetry-Spektakel in die erste Runde. Es werden sich wieder tausende Fans im Audimax an der Uni Regensburg versammeln, denn es ist der wahrscheinlich größte Slam in Bayern und ein Termin, die sich in den letzten Jahren zu einem starken Publikumsmagneten entwickelt hat. Kein Wunder. Tolle Atmosphäre, kluge Gedanken und großartige Künstler. Wie zum Beispiel Lisa Christ!  Hier und jetzt im exklusiven Interview mit Thomas Spitzer.

 

Hallo Lisa. Schön, dass du am 15. Mai beim MASTER OF THE UNI-VERS dabei sein wirst. Warst du schonmal in Regensburg?

Ja, am 4.März 2016. Das weiß ich jetzt nur so genau, weil ich in meinem Kalender danach gesucht habe. Ich kann mir die Städte, in denen ich auftrete, nur ganz schlecht merken, ich vergesse immer schnell, wo ich schon war und erinnere mich vielmehr an die Veranstaltungsorte. Aber bei den Google Bildern von Regensburg habe ich mich an die Brücke erinnert, und an eine Baustelle, die dort war vor einem Jahr.

 

Auf was freust du dich bei der Veranstaltung am meisten?

Ich freue mich eigentlich auf die gesamte Veranstaltung, darauf, die anderen Slammer_innen zu treffen und einen schönen Abend zu haben. Außerdem ist’s ja ziemlich groß, das Ganze, oder?

(c) Fotografie Jakob Kielgass

Ja. Der MASTER OF THE UNI-VERS ist mit 1500 ZuschauerInnen der größte Poetry Slam Bayerns. Du lebst in Olten in der Schweiz. Was ist das für ein Ort?

Das ist jetzt fies, aber eigentlich ist es ein nicht sehr schöner Ort, eher trist und grau. Und es leben nur knapp 17.000 Menschen in Olten. Aber ich lebe sehr gerne dort, weil ich einen grossen und wichtigen Teil meiner Jugend in Olten verbracht habe und alles und jeden kenne. Ausserdem hat Olten, wie viele eher ‚unschöne‘ Städte ein reges Kulturleben. Und es ist natürlich sehr zentral gelegen: Mit der Bahn bin ich in einer halben Stunde in Basel, Zürich, Luzern oder Bern. Und ja, auch in Olten gibt’s natürlich schöne Plätze und Orte, man muss sie nur kennen und mit den richtigen Leuten da sein.

 

Wann war dein erster Poetry Slam?

Das war 2007. Damals gab es in Olten die „Jugendart“ (heute heisst das JKON), eine einwöchige Ausstellungsmöglichkeit, zu der man sich als unter 35jährige Person einfach anmelden konnte. Da bekam man dann eine etwa 2x1m grosse Stellwand zur freien Verfügung und konnte eine Woche zeigen, was man wollte. Ich habe da Zeichnungen und auch Notizen ausgestellt und es gab jeden Abend Rahmenprogramm, am Mittwoch eine offene Bühne. Bei der hab’ ich mich dann einfach auf die Bühne gesetzt und Texte vorgelesen. Danach kam jemand auf mich zu und erzählte mir, dass am Freitag ein Slam stattfinden würde und ob ich da nicht mitmachen möchte. Und ja, dann hab ich da mitgemacht. Ich hab dann bei diesem Slam auch andere Slammer_innen gesehen und war hin und weg – und dann hab ich einfach nie wieder damit aufgehört.

 

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Was sind deine Projekte für die Zukunft? Wirst du dich als Poetry Slammerin selbstständig machen?

Also „selbstständige Slammerin“ würde ich mich glaub’s nicht nennen. Ich will ja in Zukunft nicht nur Slam machen. Davon kann man irgendwie zu wenig profitieren und es lutscht sich auch schnell mal aus, das ganze Touren und von Slam zu Slam pilgern. Ausserdem reichen mir die 5 Minuten auf der Bühne einfach nicht mehr. Der Plan ist schon, ein eigenes Programm zu schreiben und das möglichst bald auf die Bühne zu bringen, nachdem ich mein Studium Ende Sommer abgeschlossen habe.

 

Hast du Vorbilder im Poetry Slam? Gibt es sonst KünstlerInnen, die dich inspirieren?

Hui, das ist eine schwierige Frage. Ich hab’ jetzt keine krassen Idole oder Ideale, aber es gibt schon immer wieder die ein oder andere Person, die mich flasht oder beeindruckt. Ich mag es, wenn Leute auf der Bühne etwas ausprobieren, über gewisse Grenzen gehen und ihr eigenes Ding machen. Da kommt es eigentlich fast gar nicht drauf an, in welchem Genre das passiert: Musik, Slam, Comedy, Theater… Authentizität und Mut gefällt mir eigentlich immer.

 

Es gibt einen Verein namens „Slam Alphas“, der sich für weibliche Poetry Slammerinnen einsetzt. Worin genau besteht die Arbeit von Slam Alphas?

Also die SLAM ALPHAS sind ein Verein aus Poetry Slammerinnen* und Slam-Veranstalterinnen* aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sich für Frauen und Mädchen (und solche, die als Frauen und Mädchen leben) in der Slam Szene einsetzen, sich untereinander vernetzen und sie und sich sichtbarer machen. Die Idee dazu entstand aus der Erkenntnis, dass sich die Slam Szene als Teil einer patriarchalen Gesellschaft der Diskriminierung von Frauen und Mädchen leider nicht entzieht – die passiert hier genau gleich, wie überall sonst auch. Deshalb ist es wichtig, dass sich Frauen untereinander besser vernetzen, dass wir selber aktiv werden und dafür sorgen, dass man uns in Line Ups haben kann, will und muss. Das tun wir auf unterschiedliche Arten. Es gibt jetzt schon die Plattform slamalphas.org, auf der man alle Informationen zum Verein, sowie regelmässige Blogbeiträge findet. Diese Plattform wird bald noch um einen wichtigen Teil grösser; nämlich um eine interaktive Karte, auf der Slammerinnen*, wenn sie sich melden, mit Steckbrief und Video vermerkt werden. So können Veranstaltende leichter auf Slammerinnen* zugehen, wenn sie ein ausgeglichenes und diverses Line Up möchten und ihnen dazu noch weibliche Slammerinnen* fehlen. Ich bin im Moment Vize-Vorsitzende des Vereins. Beteiligen kann man sich, in dem man Mitglied wird. Das geht übrigens auch als Mann. Dazu kann man sich auf der Homepage für den Newsletter eintragen und dann wird man informiert, sobald es los geht.

 

Hazel Brugger hat mal gesagt (auf die Frage, ob man es nicht als Frau, die Comedy macht, schwer habe in einer von Männern dominierten Szene): „Das schlimmste daran, als Frau Comedy zu machen ist, dass man ständig gefragt wird wie es ist, als Frau Comedy zu machen.“
Glaubst du, dass auch eine Gefahr besteht, die Weiblichkeit „überzuthematisieren“?

Das ist ja ein altbekanntes Problem: Dadurch, dass man einen „Notstand“ oder ein Problem aufdeckt und thematisiert, wird es noch mehr betont. Und natürlich kann es zu einem Hindernis werden, wenn man die ganze Zeit nur über das eigene Geschlecht, anstatt über den Inhalt der eigenen Arbeit reden muss. Aber ich denke, das eine ist im Moment nunmal leider vom anderen noch nicht zu trennen. Das ist schade – beweist aber gleichzeitig, dass es noch viel Reden und Thematisieren und Finger Draufhalten braucht, bis es einfach mal überflüssig wird zu fragen, warum man etwas „als Frau“ tut.

 

Ist die junge, vorwiegend studentische Poetry-Slam-Szene mit ihren Hochburgen in Großstädten wie Hamburg, Zürich und Wien nicht ohnehin eher jung, links und liberal?

Doch, das kann man schon sagen. Ich glaube nicht, dass ich mich in einer anders ausgerichteten Szene überhaupt bewegen würde. Die Diskussionen um und über SLAM ALPHAS stossen in der Szene auch auf viele offene und interessierte Ohren, was mich persönlich sehr freut. Aber wie gesagt; Niemand entzieht sich so einfach einer gesellschaftlichen Struktur. Auch ich bin in patriarchalen Denk-, Handels- und Sozialstrukturen aufgewachsen und habe gewisse Verhaltensmuster übernommen. Diese umzuwälzen und neu zu denken erfordert Mut und man muss sich immer wieder selbst hinterfragen.

 

Beim MASTER OF THE UNI-VERS sind – neben der Moderatorin Hazel Brugger – auch die Hälfte der TeilnehmerInnen weiblich. Würdest du den MASTER OF THE UNI-VERS als feministischen Slam bezeichnen?

Ich war ja noch nie auf eurem Slam, deshalb kann ich – glaube ich – nicht einschätzen, ob ihr ein „feministischer Slam“ seid. Ich finde auch den Term schwierig, weil Feminismus ein so grosses und verzetteltes Feld ist – jede_r versteht darunter etwas anderes, da müsste man gleich wieder superviel definieren zuerst. Aber wenn ihr ein gutes, ausgeglichenes Line Up, eine Frau in der Moderation, angenehme Bedingungen hinter der Bühne, sowie eine gendergerechte Moderation und eine angebrachte Zimmereinteilung habt, dann denke ich, steht einem gelungenen Abend nichts im Wege – von meiner feministischen Seite her.

 

Was würdest du einer jungen Poetry Slammerin raten?

Lass Dich nicht blöd anquatschen, lass Dich nicht blöd anmachen, lass Dir nie sagen, Du seist nicht gut genug, schreib alle Veranstaltenden einfach an, wenn Du auftreten möchtest – frag im Zweifelsfalle immer wieder nach, bis sie Dir antworten, lass nicht locker, gib nicht auf, frag andere um Rat, sei fair mit anderen, reiche anderen Slammerinnen die Hand und komm zu den SLAM ALPHAS. Aber am wichtigsten: Mach Dein Ding und lass Dich niemals kleiner machen, als Du bist.

 

Was wünschst du dir für die Zukunft von Frauen im Slam?

Ich wünsche mir, dass wir uns noch mehr vernetzen und dass es mehr Veranstaltungen gibt, die von Frauen organisiert werden. Dass ich irgendwann mal zu einem Slam oder zu einer Lesebühne fahre, auf der nur Frauen da sind – und dass das dann ganz normal ist, und einfach mal so passieren kann.

 

Lisa, ich danke dir für das Gespräch.

 

Karten gibt es im Vorverkauf bei Bücher Pustet an der Uni und in der Innenstadt. Ein Ticket kostet 10, 90 €.

 

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