Interview: Tobias Maier über „Heimat Homegrown by Sparkasse Regensburg“

Miteinander ist einfach_Hände_weißAm 28. Oktober 2015 beginnt mit einem Konzert in der Musikkneipe „Heimat“ ein gemeinsames Projekt des Betreibers Tobias Maier und der Sparkasse Regensburg, in Medienpartnerschaft mit dem Onlinemagazin kult: es heißt Heimat Homegrown by Sparkasse Regensburg. Erklärtes Ziel ist es, junge Nachwuchsbands aus der Region zu unterstützen und die Musikszene der Stadt zu beleben. Was nicht alle wissen: Tobias ist eigentlich begeisterter Lehrer für Mathe und Physik am Von-Müller-Gymnasium, wo er auch die Bühnentechnik und Systemadministration verantwortet. Seine große Leidenschaft gilt aber der Musik und dem Regensburger Nachtleben. Der zweiundvierzigjährige Schlagzeuger der Band Fat Fairy betreibt seit etwa sieben Jahren die beliebte Musikbar Heimat am Römling 9, gleich neben dem Haidplatz. Der ideale Ort für ein entspanntes Gespräch und ein feines Craft Beer.

 

Lieber Tobias, endlich ist es soweit: Wir starten tatsächlich. Alle stehen in den Startlöchern, die Bands, die Filmjungs, die ganze Heimat-Crew. Nächste Woche der erste Gig. Wie fühlt sich das für dich gerade alles an?

Prost! Ich bin unglaublich gespannt und freue mich darauf. Nach fast zwei Jahren Planung zu erleben, wie es in die Tat umgesetzt wird, ist schon ein besonderes Gefühl.

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Mal ehrlich. Manchmal war ich echt nicht mehr sicher, ob wir das hinbekommen. Aber im richtigen Moment sind dann immer wieder gute Dinge passiert und wir kamen einen Schritt weiter. Aber nochmal ganz kurz zurück zum Anfang. Was war für dich der entscheidende Impuls ein so ambitioniertes Projekt zu starten?

Die Heimat hat seit ihrem Bestehen wirklich viele – mittlerweile auch durchaus bekannte – Bands auf die Bühne in Regensburg gebracht. Dabei lag die Betonung eher auf überregionalen und internationalen Newcomern. Geheimtipps sozusagen. Beispiele? Olli Schulz, Bilderbuch, Orsons, The Heavy … Mehr davon gibt’s in unserer Hall of Fame auf der Homepage. Naja, jedenfalls hat mich genau diese undergroundige Art, Live Musik nach Regensburg zu bringen so fasziniert, dass ich in der Heimat eingestiegen bin. Dabei war mir von Anfang an wichtig, verstärkt auch lokalen Bands Auftrittmöglichkeiten zu bieten, und zwar so einfach wie möglich. Keine extra Raummiete, Technik und Equipment sind vorhanden. Eigentlich ein rundumsorglos Paket.

 

Mal provokativ gefragt. Gibt es dafür überhaupt genügend gute Bands in Regensburg?

Selbstverständlich! Nur: Keiner (außerhalb von Regensburg) kriegt’s mit. Auf die Frage eines in der Berliner Musikszene durchaus bekannten Tonmeisters, der eine lokale Vorband bei einem unserer Konzerte ziemlich interessant fand, ob ich ihm was von denen schicken könnte, um’s herzuzeigen, musste ich leider sagen: Sorry, haben nix. Nix Audio, Nix Video. Schade. Da entstand eigentlich die Idee zu dem Ganzen. Also für innovative lokale Bands etwas Herzeigbares zu schaffen, dass Veranstaltern – sagen wir mal in Buxtehude – nen Eindruck verschafft, was die live so drauf haben.

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Und wieso die Umsetzung mit der Sparkasse Regensburg?

Da sowas viel Zeit, Geld und KnowHow benötigt, war uns von der Heimat schnell klar, dass wir das nicht allein schultern können. Die Sparkasse hat uns bereits finanziell sehr unterstützt, als wir vor drei Jahren plötzlich aus heiterem Himmel ne neue Location finden, umbauen, aufbauen mussten. Und wir wussten, dass die Sparkasse ja auch in einigen kulturellen Projekten hier in Regensburg in unterschiedlichen Formen dabei ist. Schließlich hat eine frühere Schülerin von mir, die jetzt bei der Sparkasse ist, den Kontakt zu dir hergestellt. Danke nochmal, Silke!

 

Da wird sie sich freuen! Idee ist gut, aber was waren dann die größten Hürden bei der Umsetzung?

Um diese Frage jetzt richtig zu beantworten, muss ich jetzt etwas ausholen, sonst kommt das nicht richtig rüber.

 

Lass es raus. Wir haben Zeit und Platz.

Thema: Nachbarn, Lärmschutz, Ordnungsamt, Prioritäten der Stadtführung. Ich glaube, wir haben inzwischen ungefähr den Wert von zwei schönen Kleinwagen in den Lärmschutz gesteckt. Das ist auch wichtig gewesen, weil wir ja tatsächlich unsere Nachbarn möglichst nicht stören wollen. Ich glaube, seit etwa einem Jahr sind wir quasi „beschwerdefrei“, was auch unsere Beziehung zum Ordnungsamt um einiges entspannter gemacht hat. Ich würde momentan eher das Wort „Kooperation“ benutzen, um das zu beschreiben. Dafür gibt es bestimmt vielschichtige Ursachen, auf die ich jetzt nicht alle eingehen kann. Aber ein paar Stichpunkte: Wertschätzung junger Kultur durch den neuen Oberbürgermeister, Demos für mehr Livekultur durch scants of grace, die Erkenntnis, dass Konzertgänger nachher eben nicht gröhlend durch die Stadt ziehen, die Zusammenarbeit mit dem Kulturamt beim Bürgerfest mit unserer Heimat-Bühne… Und auf unserer Seite natürlich, dass wir uns peinlichst genau an die Lärmschutzvorgaben richten und deshalb zum Beispiel alle Konzerte bei uns pünktlich um 22 Uhr zu Ende sind. Naja, um es abzukürzen: ohne einen Zettel vom Amt, auf dem steht, dass der Durchführung dieser (begrenzten) Anzahl von Konzerten dieses Jahr im Prinzip nichts im Wege steht, wäre das Projekt im Grunde gestorben gewesen, bevor es angefangen hätte.

 

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Auf was können sich die teilnehmenden Bands jetzt freuen? Inwiefern profitieren sie von der Reihe?

Freuen können sie sich auf jeden Fall schon mal auf einen wunderbaren Abend im  einmaligen Ambiente der Heimat. Fast nirgends in Regensburg ist man dem Publikum so nah wie bei uns. Das bringt eine intime Besonderheit in die Konzerte. Und das Wichtigste natürlich: Der Moment, in dem die Band das erste Mal die fertigen Videos mit ihrer Performance sehen. Ja, und dann kann’s natürlich auch leichter außerhalb Regensburg losgehen. Heutzutage braucht es einfach etwas Vorzeigbares in guter Qualität, um überhaupt einen Fuß in die Tür zu kriegen. Und wenn dieses Projekt  ein klein wenig dazu beiträgt, dass die eine oder andere Band aus Regensburg mal groß rauskommt, das wäre fett!

 

Allerdings! Wie hast du die Bands für das Projekt ausgewählt? War dir von Anfang an klar, wer gebucht wird? Und lohnt es sich für Bands, sich noch bei dir zu melden?

Das war ehrlich gesagt der schwierigste Teil. Gut, eine Eingrenzung gibt’s: Keine Coverbands. Möglichst jung, möglichst innovativ, verlässlich und keine Diven. Jetzt hab ich ja Gott sei Dank schon einige Erfahrung in der jungen Musikszene sammeln können, bei uns in der Heimat, beim Bürgerfest. Ja, und dann geht’s noch um Organisatorisches. Termine finden, Bandmitglieder die grade ein Jahr im Urlaub sind oder ein Praktikum machen. Insgesamt eigentlich recht komplex die Organisation, aber ich bin mit der Auswahl der ersten fünf Termine dieses Jahr schon recht zufrieden. Es folgen natürlich noch mindestens fünf Weitere für nächstes Jahr. Für diese werde ich dann wahrscheinlich im Laufe des Novembers zu planen beginnen. Genaueres kündige ich dann über die homegrown-gruppe auf Facebook an. Ab dann macht es im Prinzip auch Sinn, sich für die Termine im nächsten Jahr zu bewerben. Kleiner Tipp: Mittwoch mal frei halten. Ich persönlich habe so eine Hotlist von  ca. 30 Bands im Kopf, denen ich gerne die Möglichkeit geben würde. Bei zehn Terminen klappt das natürlich nicht, aber vielleicht wird’s ja ne Erweiterung geben, wenn alles gut läuft. (zwinkert)

 

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Gibt es ein bestimmtes Publikum, das sich besonders angesprochen fühlen sollte? Und was verpasst man, wenn man bei den anstehenden Konzerten nicht vorbeischaut?

Ich würde das jetzt vielleicht ein bisschen anders formulieren, aber ja. Es gibt – auch musikalisch betrachtet – zwei Grundtypen: Die „Wos i ned kenn, is i a ned“ und solche, die’s genau deshalb tun. Also Neues entdecken, neugierig sein, sich überraschen lassen und das ganz bewusst genießen. Ich meine, es gibt verschiedene Geschmäcker, ganz klar. Aber wenn du zum Beispiel The New Colossus noch nie (zufällig) live gesehen hast, dann konntest du (bisher) auch nix von denen auf youtube finden. Das ist jetzt anders. Also gehst du entweder hin und riskierst es, NULL Euro auszugeben, und dann hast du vielleicht einen ganz besonderen Abend erlebt… oder naja, du hast es halt verpasst!

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Ganz klar: du bist kein Durchschnittstyp und führst kein Durchschnittsleben. Tagsüber Lehrer und Nachts Kneipenwirt, Konzertmanager, Clubbetreiber. Was ist dein innerer Antrieb, wie bekommst du das eigentlich alles geregelt?

Hm. Also, zum einen ist das Eine ein wundervoller Ausgleich zum Anderen. In vielerlei Hinsicht. Ich mache beides wirklich leidenschaftlich gerne. Außerdem bin ich ein extremer Nachtmensch, das heißt auch wenn ich keine eigene Kneipe hätte, wäre ich so zwischen zehn Uhr abends und drei Uhr morgens topfit und müsste mich mit irgendetwas beschäftigen. Ich bin ein extremer Kurzschläfer bin (nicht „Langschläfer“, wie der Volksmund behauptet), schon seit dem Kindergarten. Zumindest Berichten meiner Mutter zu Folge. Die hat übrigens damals, als ich ihr gesagt habe, dass ich jetzt Wirt werde, spontan geantwortet: „Na, endlich machst was Vernünftiges zu der Zeit in der andere Leute schlafen.“ Ich liebe meine Mom!

Mein innerer Antrieb? Es gibt Sachen, die will man machen und man weiß es lange, dass man es machen will. Das ist bei jedem was anderes. Ich will zum Beispiel nicht auf den Mount Everest kraxeln. Aber ich will ne eigene Kneipe mit coolem Konzept, Live- Musik, etwas bewegen und diese Stadt mitgestalten. Es gibt Leute, die machen das und Leute, die träumen davon. Ich mach’s halt. Allein wäre das natürlich schlichtweg völlig unmöglich. Matt, Andy und ich sind ein wundervoll eingespieltes Team. Oh, und noch was. Mein Bruder ist auch Lehrer, hat gerade ein Haus umgebaut und sein drittes Kind gekriegt. Ich frag ihn immer, wie er das alles geregelt kriegt.

 

Word! Lieber Tobias, mach weiter so – die Stadt braucht Leute wie dich. Vielen Dank für das nette Gespräch und das gute Bier. Wir sehen uns am Mittwoch!

(c) Fotografie: Rainer Fleischmann

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