SPARKASSE KUNST: Interview mit Jasmin Schmidt – „Alpha“

Wir haben drei junge Künstler aus Regensburg gebeten, drei Besprechungs-Räume in unserer Zentrale in der Lilienthalstraße neu zu gestalten. Idee und Auftrag des Kunstbeirats der Sparkasse Regensburg war dabei: nicht nur Kunst in Räume hängen – sondern Räume in Kunst zu verwandeln. Die innovativen Lösungen der Künstler haben uns überrascht und zugleich begeistert – Grund genug, um jeden von ihnen einzeln zu einem Interview für unsere Blog-Kolumne “SPARKASSE KUNST” zu bitten. Weiter geht es mit Jasmin Schmidt.

 

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Sie ist Trägerin des Kulturförderpreises Bayern 2013 und des Bayerischen Kunstförderpreises 2014. Was sie interessiert, ist der Grenzbereich zwischen Zeichnung und Malerei. Dazu arbeitet die Malerin, die an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studiert hat, mit Überlagerungen. Sie schneidet aus, setzt vorgefundene Bildgründe neu zusammen und erzeugt dadurch räumliche Illusionen. Mit „Alpha“ hat sie jetzt auch eine Illusion in Besprechungsraum 33 in der Sparkassenzentrale geschaffen.

 

Liebe Frau Schmidt, Sie haben für die Sparkasse eines ihrer „Plot Paintings“ angefertigt. Was genau verstehen Sie darunter?

Einfache, kompakt solitäre Motive, die meist klar figürlich-architektonisch zu benennen sind, besetzen in meinen Arbeiten einen eigenen Ort. Im Umgang mit Bildträgern, die bereits in anderen Kontexten genutzt wurden (hier vor allem alte Schullandkarten), und mit der Option auf Zuschnitt bzw. Erweiterung des Bildträgers im Arbeitsprozess, wird der „Bildort“ zu einem zentralen malerischen Mittel. Dadurch verschwimmen die Grenzen zwischen klassischer Malerei und Grafik, Objekt und Collage und verbinden sich zu einem Gebiet, in dem Bilder entstehen.

Mit dem Begriff plot painting beziehe ich mich auf diese Bildorte, die in meinen großformatigen Arbeiten eine wichtige Rolle spielen. Das englische plot bezeichnet ein Areal, eine Fläche, ein Grundstück. Im Deutschen ist der Plot auch der Handlungsstrang einer Erzählung. Das Motiv (der Plot)  trifft auf den Bildort (den plot) und in ihrer Verbindung entwickeln sich meine Bilder meist langsam und über einen längeren Zeitraum. Denn meine Vorstellung von einem Bild entsteht oft erst bei der Arbeit: welche Form hat das Bild nach außen, braucht das Bild eine äußere Richtung? Auch über Farbe denke ich oft erst bei der Erkundung des Bildortes nach. Braucht es Farbe? Braucht es eine Zeichnung? Kommt die Zeichnung aus der Form? Es ist ein Prozess, bei dem sich sorgfältiges Abwägen und unumkehrbare Entscheidungen abwechseln.

Wie sind Sie denn auf Schullandkarten als Trägermaterial für Ihre Bilder gekommen?

Für mich war schon immer der Bildträger ein entscheidender Faktor in der Malerei. Die klassische weiße Leinwand fühlte sich für mich nie richtig an. Die Rückseiten alter Schullandkarten bieten vieles, womit ich arbeiten kann und worauf ich meine Bilder aufbaue. Der dünne Nesselstoff ist im Lauf der Jahre fleckig geworden und kleine Risse und poröse Stellen erinnern an einen regen Gebrauch. Bei der Arbeit mit dem Material stehen die spezifische Festigkeit der Nesselstoff-Papierverklebung und die Spuren auf der mit Stoff kaschierten Seite im Vordergrund, inhaltliche Aspekte der aufgedruckten Karte spielen hingegen keine Rolle, nur manchmal schimmern sie als Farben bzw. in Strukturen auf der Bildseite durch. Die Beschaffenheit des Materials erlaubt es mit Farbe und Pinsel, aber auch mit Zerschneiden und Vernähen an Bildern zu arbeiten. Dadurch kann ich den Bildträger so  gestalten, dass er in einer starken Verbindung zum Motiv steht, bzw. darauf reagiert.

 

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Die Arbeit in der Sparkasse war eine Auftragsarbeit. Auftragsarbeit versus freie Arbeit – wo liegen die Herausforderungen?

Ich habe noch nie zuvor einen Auftrag zu malen bekommen. Ich war es bislang gewohnt einfach meiner Arbeit nachzugehen, Bilder zu malen, ohne den Adressaten zu kennen oder den Ort, an dem sie gezeigt werden. Ohne zu wissen, ob sich überhaupt jemand dafür interessieren würde.

Für mich war es interessant zu beobachten, dass sich die offenkundige „Sicherheit“ des Auftrags, zunächst verunsichernd auf meine Arbeit ausgewirkt hat. Konkrete Erwartungen von außen im Hintergrund zu wissen, war für mich stellenweise hemmend, weil ich nicht wusste, ob ich noch wirklich arbeite, oder ob lediglich eine “Ausführung des Auftrags“ stattfindet. Ich bin es gewohnt, eine Arbeit ganz anders werden zu lassen, wenn das Bild es erfordert. Auch Scheitern ist bislang immer eine Option gewesen, wenn das Bild nichts taugt. Aber wie soll das möglich sein, wenn da jemand ist, der auf ein Bild wartet, das eine bestimmte Größe haben soll und in etwa eine Bildidee bedient?

Ich konnte tatsächlich erst wieder gut arbeiten, als ich beschlossen habe zu vergessen, einen Auftraggeber zu haben.

Aufgabe war ja, den fensterlosen Besprechungsraum künstlerisch zu öffnen – wie gingen Sie in unserem Fall vor, wie haben Sie Ihre Idee entwickelt?

Die Motividee entstand bei der Besichtigung der Besprechungsräume. Ich habe mir einen „Setzkasten“ auserkoren, weil für mich eine assoziative Verwandtschaft zwischen einem Setzkasten und dem  Raumaufbau, Mobiliar und Farbklang besteht. Außerdem schwebte mir der Einsatz einer Zentralperspektive vor, der dem Raum optisch mehr Tiefe verleihen würde. Eine helle Farbigkeit und das Spiel mit Ebenen sollte dem Bild Leichtigkeit und Luft verleihen.

Setzkasten, ok. Allerdings irritieren die Zeichen auf den Kärtchen…

Von den „Buchstaben“ sind nur Fragmente geblieben, weil ich bewusst die Ebene der Sprache (Verstehen) auf die Ebene der Zeichen (Erkennen) holen wollte. Aus den Zeichen wird eine Zeichnung, die als malerische Ebene zu deuten ist.

Die Arbeit ist Wand füllend – arbeiten Sie gerne großflächig? Was reizt Sie daran?

Die Arbeit „Alpha“ ist das bislang größte Format, das ich mir je vorgenommen habe. Die Größe hat sich aus dem Bestimmungsort  ergeben. Normalerweise arbeite ich auf Formaten, die  in etwa halb so groß sind und in etwa „meinem Radius“ entsprechen.

Was sind denn Ihre nächsten Projekte?

Ich werde mich wieder meiner Arbeit im Atelier widmen, habe mir aber als Kontrastprogramm eine Reihe kleinerer Formate vorgenommen.

Frau Schmidt, vielen Dank für Ihre Zeit und die großartige Arbeit!

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