Interview mit Thomas Spitzer zum U20 Poetry Slam 2015: „Ich hätte die Hütte abgerissen!“

Ihr erinnert euch. Letztes Jahr haben wir den Regensburger Poetry Star Thomas Spitzer beim Start seiner kleinen aber feinen Poetry-Reihe „Irgendwas mit Slam“ im W1 unterstützt. Jetzt dreht er das ganz große Rad. Denn zum ersten Mal seit dem Jahre 2006 wird es in Bayern wieder eine Internationale Sprechkunst-Jugendmeisterschaft geben – und Spitzer hat es tatsächlich geschafft, den „U20 Poetry Slam“ nach Regensburg zu holen! Ehrensache, dass die Sparkasse Regensburg vom 10. -13 Juni als Hauptsponsor mit an Bord ist und die ganze Veranstaltung mit einer Reihe von Maßnahmen und Berichten begleitet.

 

Apropos „an Bord“. Lieber Thomas. Meine Generation kennt noch das U96 aus dem Film „Das Boot“ von Wolfgang Petersen. Das konnte tauchen, feuern und sehr viele schmutzig-lustige Matrosenwitze ausspucken. Kann dein Boot das auch und vielleicht noch sehr viel mehr?

Haha. Ja, mein Boot kann vor allem sprechen! Submarin wurde es übrigens tatsächlich, als die Hafenstadt Kiel den U20 Slam 2013 austrug. Damals war das Logo eine Schiffsluke.

 

Ahoi! Im Vorfeld hat man einiges über das Event in den regionalen Medien gelesen, jetzt ist es gefühlt etwas arg ruhig. Seid ihr noch auf Tauchgang? Die Planungen sind doch für so eine Großveranstaltung sicher schon im vollen Gange!

Ja, das sind sie. Die Sponsorensuche ist abgeschlossen, die Locations stehen, unser Oberbürgermeister Joachim Wolbergs übernimmt die Schirmherrschaft, der Erfinder des Poetry Slams Marc Kelly Smith aus Chicago wird eingeflogen und mit der Unterstützung des Kulturfonds Bayern ist es jetzt auch offiziell kein kommerzielles Festival, sondern ein Event für kulturelle Bildung. Auch in den für Schüler und Studenten essenziellen sozialen Medien stehen wir sehr gut da. Unsere Facebook-Seite „U20Slam2015 in Regensburg“ hat fast doppelt so viele Likes wie die Seite „U20.14 Poetry Slam Berlin“, der Veranstalter im Vorjahr. Der Jazz Slam hat fast 400 Zusagen auf Facebook, das große Finale im Audimax sogar schon über 1000. Auch von Seiten der Lehrer ist das Interesse groß. Aber den meisten Einwohnern der Innenstadt über 30 ist das Festival hingegen noch kein Begriff. Und das, obwohl es genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, ist die Kulturdebatte größer denn je. Da plant man seit eineinhalb Jahren das erste (und wahrscheinlich auch letzte) internationale Poetry-Slam-Festival Regensburgs mit Special Guests aus Berlin, Wien, Zürich, Hamburg, München, Stuttgart, Bochum, Leipzig und sogar Frankreich und den USA und niemand weiß das. Es ist absurd.

 

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Das werden wir ändern! Jugendmeisterschaften, das klingt für mich immer ein wenig nach verschwitzten Umkleidekabinen, brüllenden Sportlehrern, schlaffen Turnbeuteln und halbausgetrunkenen Colaflaschen. Sind die Teilnehmer am U20 etwa alles ambitionierte Amateure? Oder bekommen wir auch ein paar echte Cracks zu sehen?

Gut, dass du das fragst! Amateure sind es nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Wo die Auftritte der Profis manchmal abgezockt und kalkuliert wirken, gibt es bei den jüngeren noch „echte Emotionen“. In meinen Augen waren vor allem die U20-Finals 2014 in Berlin und 2012 in Heidelberg/Mannheim  qualitativ hochwertiger als ihre „großen Brüder“.

Auch die typischen Vorwürfe, Poetry Slam sei zu männlich und zu lustig, greifen im U20-Bereich nicht. Und wenn du dir die Liste ehemaliger U20-Champions durchliest, dann sind da schon einige Granaten dabei. Laurin Buser tourt mit seinem Solo-Programm durch den deutschsprachigen Raum, Lara Stoll hat in der Schweiz mit „Bild mit Ton“ sogar eine eigene Fernsehsendung, Bleu Broode und Julian Heun haben jeweils ein Buch bei einem großen Verlag veröffentlicht. Und Nadja Schlüter schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

 

Wow. Damit unsere Leser verstehen, wie riesengroß das Ding eigentlich ist, das da auf uns alle zukommt: Zähl doch mal auf, was ihr genau vorhabt und was die Stadt erwartet. 10 harte Fakten bitte!

1. Unser Finale „MASTER OF THE UNI-VERS“ im Audimax wird mit 1.470 Zuschauern das größte U20-Finale aller Zeiten.

2. Der MASTER OF THE UNI-VERS ist zudem der größte Poetry Slam Bayerns.

3. Im November war er bereits nach 48 Stunden ausverkauft.

4. Insgesamt erwarten wir unter den Zuschauern Schüler aus über 100 Schulen im Umkreis von 80 Kilometern.

5. Unsere Teilnehmer kommen nicht nur aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Lichtenstein, sondern auch aus Südtirol, also Italien.

6. Zudem haben wir Special Guests aus Frankreich und den USA.
Insgesamt sind also sieben Länder in Regensburg vertreten.

7. Am 12. Juni findet der erste Regensburger Jazz Slam statt.

8. Um alle Gäste unterzubringen haben wir 100 Betten – also quasi eine komplette Jugendherberge – über 4 Tage lang gemietet.

9. Das Festivalzentrum ist das W1 direkt am Haidplatz, also im Herzen Regensburgs. So können die Teilnehmer die Stadt in vollen Zügen genießen.

10. Mit dem Shuttle-Service von Volvo ist den Gästen eine perfekte Mobilität gewährleistet.

 

Wie du ja sicher weißt: Der Regensburger ist ein spaß- und freizeitverwöhntes Luxuswesen. Kein Wunder, wenn man in der schönsten Stadt der Welt lebt und zur Zeit auch noch jeden Tag die Sonne scheint. Wer sollte beim U20 einchecken und warum?

Naja. Dieses Festival kommt genau einmal und dann nie wieder. Mir tut jeder leid, der das verpasst.

 

Zum Schluß hab ich noch so eine esoterische Frage. Zeitreise. Stell dir vor, du wärst nicht der alte, der inzwischen bekannt gewordene Thomas Spitzer. Du vor fünf Jahren. Wie sähe dann dein perfekter U20 Poetry Slam Event-Walkthrough aus, der dich so richtig glücklich macht?

Ich vor fünf Jahren wäre 21 – und damit zu alt. Haha. Nein. Wichtig ist, dass man diese Meisterschaften als Teilnehmer eben nicht als „Walkthrough“ begreift, sondern auch mal die Scheuklappen runternimmt und sich auf Gespräche, Spaziergänge, die Fremde einlässt. Im Grunde ist es ja ein viertägiger, kostenloser Urlaub, der dazu noch um unsere Liebe zum gesprochenen Wort kreist. Von meinem Zimmernachbar 2011 in Hamburg Peter Janicki zum Beispiel habe ich das Zitat: „Rausgehen ist wie Lüften. Nur krasser.“ Bis heute ist das einer meiner Lieblingssprüche. Aber um die Frage zu beantworten: Ich hätte die Hütte abgerissen.

 

Das hast du schön gesagt! Lieber Thomas, wir bedanken uns für das informative Gespräch und freuen uns auf eine spannende Zeit!

 

 

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