DEKA SPEZIAL: Russland-Ukraine-Krieg

DEKA SPEZIAL: Russland-Ukraine-Krieg

 

Wir alle sind bewegt von dem Krieg in der Ukraine. Die Menschen machen sich Sorgen um die weitere Entwicklung im Krisengebiet, in Europa und in der Welt. Die Invasion russischer Truppen in die Ukraine und die seitherigen Kampfhandlungen stellen die schärfste denkbare Eskalation in dem seit einigen Monaten an Dramatik gewinnenden Russland-Ukraine-Konflikt dar. Ziel der russischen Führung dürfte sein, eine möglichst vollständige Destabilisierung der demokratischen politischen Struktur der Ukraine sowie einige geostrategische Ziele ihres militärischen Einflussbereichs zu erreichen. Dies soll mit allen Mitteln in kurzer Zeit umgesetzt werden. Russland hat sogar seine Nuklearstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Unsere Experten bei der Dekabank analysieren die komplexe Gemengenlage für unsere Leser aus einem volkswirtschaftlichen Blickwinkel. 

Die Ereignisse in der Ukraine bewegen uns alle. Während humanitäre Fragen und das Engagement für den Frieden höchste Priorität genießen, möchten wir Sie auch über die Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Geldanlage informieren. Im Videostream „Mikro trifft Makro. LIVE“ spricht Deka-Chefvolkswirt Dr. Ulrich Kater über die aktuellen Entwicklungen und ordnet diese ein. Jetzt vormerken und am Donnerstag, 10. März, 19:30 Uhr einschalten. http://s.de/1g7z 

 

Krieg in der Ukraine

Der Westen hat mit massiven Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland reagiert. Die persönlichen Sanktionen gegen die russische Führungs- und Wirtschaftselite, inklusive Präsident Putin, wurden deutlich erweitert. Es gelten nun weitreichende Exportbeschränkungen für Hochtechnologiegüter wie Halbleiter, Flugzeugteile und Ölförderausrüstung. Für russische Fluggesellschaftensind der EU- und der US-Luftraum gesperrt. Der Zugang zahlreicher russischer Unternehmen zur internationalen Finanzierung wurde gestoppt, und einige der größten russischen Finanzinstitute haben keinen Zugang mehr zu Hartwährungs-Transaktionen und zum Zahlungsnachrichtensystem SWIFT. Die Blockade des Großteils der Währungsreserven der russischen Zentralbank hat Russland innerhalb weniger Tage in eine Währungskrise getrieben und an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Kapitalverkehrskontrollen wurden eingeführt, die u.a. eine vorübergehende Aussetzung der Weiterleitung der Kupon-Zahlungen auf Rubel-Staatsanleihen ins Ausland beinhalten. Auch die Durchführbarkeit der Mitte März fälligen Zahlungen auf die US-Dollar-Anleihen ist aufgrund der US-Sanktionen ungewiss. Die Ratingagenturen haben das Rating Russlands tief in den spekulativen Bereich gesenkt, weitere Herabstufungen dürften folgen. Aufgrund der hohen Unsicherheit ist der Außenhandel Russlands nahezu zum Stillstand gekommen. Die Energieversorgung Westeuropas und die Versorgung mit anderen wichtigen Rohstoffen (u.a. Aluminium, Palladium, Kohle, Weizen) werden nun beeinträchtigt, wenngleich es noch keinen generellen Stopp von Energielieferungen gibt. Die Sanktionen und Gegensanktionen könnten deutsche Schlüsselbranchen wie die Automobilindustrie oder den Maschinenbau über die Rohstoffseite in Bedrängnis bringen. Energierohstoffpreise dürften weiter steigen, wobei das Pipelinegebundene Erdgas besonders betroffen ist.

Negative konjunkturelle Folgen

Mehr als die Hälfte der deutschen Erdgasimporte über Pipelines stammt aus Russland, zu einem bedeutenden Teil auf einem Lieferweg durch die Ukraine. Die konjunkturellen Folgen des Rohstoffpreisschocks, vermehrte Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Rohstoffen und Vorleistungsgütern sowie eine Verunsicherung von Investoren und Konsumenten werden die Konjunktur unter Druck setzen. Angesichts der nun schnell einsetzenden Bremseffekte erwarten wir für das zweite Quartal 2022 eine Stagnation beim deutschen Bruttoinlandsprodukt. Auch das dritte Quartal dürfte schwach ausfallen. Danach werden allmählich Gewöhnungseffekte einsetzen, und die Unternehmen richten sich auf eine Welt ein, in der der Handel mit Russland eine deutlich geringere Rolle spielt. Auch das Winterhalbjahr 2022/23 wird noch von den stark gestiegenen Energiekosten – gerade in der Heizperiode – spürbar belastet sein und daher schwach ausfallen. Die Inflationsrate in Deutschland dürfte noch länger auf einem sehr hohen Niveau verharren. Noch wenig einschätzbar sind die langfristigen Konsequenzen der veränderten Sicherheitslage in Europa. Kriege zur Durchsetzung von nationalen Zielen sind wieder vorstellbar geworden. Das hat Auswirkungen auf viele Politikbereiche. Aspekte wie höhere Rüstungsausgaben, eine neue Energiearchitektur für Europa sowie die Signalwirkungen in den asiatischen Raum werden zu langfristigen Verschiebungen führen. Dies alles dämpft die globalen Wachstumsaussichten, führt aber nicht zu Szenarien wie einer länger anhaltenden globalen Stagnation.

Höhere Schwankungen an den Finanzmärkten

Die Preise von Rohstoffen, u.a. Erdgas und Rohöl sind massiv angestiegen. Im Anleihebereich ist eine massive Flucht in Sicherheit zu beobachten, d.h. die Renditen von deutschen und US-Anleihen sind spürbar gefallen, ihre Kurse sind nach oben gegangen. Auch Gold, der US-Dollar und der Schweizer Franken profitierten von der Flucht in die „sicheren Häfen“. Die wichtigen Aktienmärkte der Welt haben auf die veränderte Risikolage mit Abschlägen reagiert. Die Unsicherheit insbesondere für die europäischen Märkte dürfte eine ganze Weile anhalten, bis die Wirkungen von Sanktionen und Gegensanktionen auf die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Märkte klarer abschätzbar sind. Kurzfristig könnte der Deutsche Aktienindex DAX im Extremfall für kurze Zeit auf Werte bis zu 11.500 bis 12.000 Punkte absacken, also immer noch deutlich im fünfstelligen Bereich bleiben. Allein schon technisch getriebene Erholungsbewegungen sollten die Kurse dann aber recht schnell steigen lassen. Im Lauf dieses Jahres dürften beim DAX wieder die Niveaus von Mitte Februar oder sogar darüber erreicht werden. Russische Aktien leiden am meisten unter den Ereignissen, ihre Wertentwicklung und Handelbarkeit bleibt auf lange Frist unsicher. Für die weltweiten Aktienmärkte
erwarten wir im Jahresverlauf 2022 eine Erholung, sodass eine Änderung der langfristigen Anlagestrategie als Reaktion auf den Russland-Ukraine-Konflikt weiterhin nicht angezeigt ist. Alle diese Prognosen basieren nicht zuletzt auch auf unserer Hoffnung, dass in Europa bald wieder Frieden einkehrt.

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