BREXIT: Wahlsieg für Boris Johnson im Vereinigten Königreich

BREXIT: Wahlsieg für Boris Johnson im Vereinigten Königreich

 

Die Neuwahlen am 12. Dezember bescherten dem britischen Premierminister Boris Johnson ein starkes Ergebnis. Mit 364 von 650 Parlamentssitzen erzielte seine Conservative Party ihr stärkstes Wahlergebnis seit 1987. Das gibt Johnson nun die Macht, fristgerecht zum 31. Januar einen geordneten Brexit durchzuführen. Damit wäre zunächst die Scheidung von der Europäischen Union (EU) vollzogen, der EU-Austritt aber wäre noch nicht komplett. Denn für die Verhandlungen über die künftigen Handelsbeziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich (UK) und der EU ist eine Übergangsphase vorgesehen, die bis Ende 2020 läuft und danach noch um weitere zwei Jahre bis Ende 2022 verlängert werden kann. In dieser Zeit verbleibt UK als eine Art passives Mitglied im europäischen Binnenmarkt und in der europäischen Zollunion, allerdings ohne ein Mitspracherecht bei EU-Fragen.  Mit diesem Wahlergebnis wurde die jahrelange Brexit-Blockade im britischen Parlament behoben. Die Opposition, bestehend aus der Labour Party, der schottischen SNP und den Liberaldemokraten, die ein zweites EU-Referendum angestrebt hatten, hat ihre Mehrheit im Parlament verloren. Damit sind auch die Chancen der Brexit-Gegner auf Null gesunken, den Brexit in einem zweiten Referendum womöglich aufzuheben.  

Das Risiko eines No-Deal-Brexits ist leider immer noch nicht vom Tisch

Aus Johnsons großer Parlamentsmehrheit erwachsen allerdings auch zwei zentrale Risiken. Zum einen nehmen die Spannungen mit dem EU-freundlichen Schottland enorm zu. Denn die Schotten sind gegen den EU-Ausritt und verstärken ihre Bemühungen, über ein Referendum aus dem Vereinigten Königreich auszutreten, um sich dann der EU anzuschließen. Solch einem Unabhängigkeitsreferendum müsste allerdings die britische Regierung zustimmen, was Johnson bisher verweigert. Zum anderen ist das Risiko eines No-Deal-Brexits zum 1.1.2021 hoch, sollte Johnson weiterhin an seinem wenig realistischen Plan festhalten, innerhalb nur eines Jahres ein Freihandelsabkommen mit der EU abschließen zu wollen. Der Grund für Johnsons Eile, die EU zu verlassen, ist eine schnellstmögliche Auflösung der Zollunion mit der EU. Dann erst wäre für UK der Weg frei für eigene Handelsabkommen mit allen Staaten weltweit, allen voran mit den USA. Inwiefern sich UK dadurch tatsächlich besserstellen würde, sei zunächst dahingestellt. Klar ist aber, dass mit dieser Ambition ein No-Deal-Brexit zum 1.1.2021 droht, sollte in der kurzen Zeit bis Ende 2020 kein Freihandelsabkommen mit der EU vorliegen (was recht wahrscheinlich ist) und Johnson im Juni 2020 keine Verlängerung der Übergangsphase über das Ende 2020 hinaus bei der EU beantragt haben. Die Hürden für den No-Deal-Brexit wären diesmal geringer als zuvor. Zum einen ist es unwahrscheinlich, dass es im neuen britischen Parlament wieder eine Mehrheit gegen einen No-Deal-Brexit gäbe, die Johnson zur Verlängerung der Übergangsphase per Gesetz zwingen könnte. Zum anderen dürfte der Widerstand der EU diesmal geringer ausfallen. Denn der No-Deal-Brexit würde nun die neue Notfalllösung enthalten, die das Karfreitagsabkommen wahrt, was Johnson mit der EU im Oktober vereinbart hatte: Die Zollgrenze zwischen der EU und UK würde innerhalb von UK in der Irischen See verlaufen (und nicht mehr zwischen Nordirland (UK) und Irland (EU)).

Perspektiven für die Märkte

Unser Hauptszenario eines geordneten Brexits mit Deal zur Austrittsfrist am 31. Januar 2020 bleibt bestehen. Allerdings wird uns die Brexit-Unsicherheit danach leider weiterhin begleiten. Das Risiko eines No-Deal-Brexits verschiebt sich nach heutigem Stand der Dinge auf den 1. Januar 2021. Letztlich bleibt die Frage, ob es einen geordneten Brexit mit einem Freihandelsabkommen  oder einen harten No-Deal-Brexit auf Basis der WTO-Regeln geben wird. Letzteres bleibt immer noch der schädlichste Brexit-Ausgang für die britische Wirtschaft und, in abgemilderter Form, für die übrigen EU-27-Staaaten. Aber mittlerweile hat dieses Szenario zumindest etwas an Schrecken verloren, nicht zuletzt wegen der Vorbereitungen, die dafür getroffen wurden – die Notfallpläne der Staaten und der Wirtschaftsakteure. Auch die Finanzmärkte haben sich an die wechselnden Brexit-Perspektiven gewöhnt. Außer beim Pfund und den Renditen britischer Staatsanleihen kommt es kaum noch zu spürbaren Reaktionen. Da UK nur einen Anteil von zwei Prozent zur globalen Wirtschaftsleistung beisteuert, bleiben die Dinge im größten Teil der Welt so, wie sie bisher waren. So bleibt der Brexit für eine diversifizierte, auf lange Sicht ausgerichtete Vermögensanlage nichts, worauf man spekulieren sollte, aber auch nichts, was man fürchten muss.

 

Quelle/Herausgeber: Dekabank

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