DEKA VOLKSWIRTSCHAFTPROGNOSE: „Alle warten auf die Inflationsraten!“
In diesem Jahr ist dem geneigten Kapitalmarktpublikum schon wirklich viel geboten worden, und zwar zumeist im positiven Sinne. Die Aktienanleger liegen mit ihren Anlagen deutlich im Plus. Überhaupt ist die ganze makroökonomische Aufführung bisher vielversprechend gelaufen: Die weltwirtschaftliche Expansion verläuft weitgehend synchron, und dies mit hinreichenden und stabilen Wachstumsraten. Die Auslastungsgrade der Volkswirtschaften nehmen zu, und die Arbeitslosigkeit sinkt fast überall. Die Staatsdefizite verringern sich, wenngleich nur geringfügig. Die Gewinne der Unternehmen sprudeln. Und von Seiten der politischen Risiken in Europa und den USA gibt es zwar gewisse Störgeräusche, diese können jedoch den positiven Gesamteindruck nicht nachhaltig trüben. Und was ist mit den Inflationsraten?
Als Höhepunkt der Darbietung warten nun alle auf Inflationsraten, die nachhaltig in Richtung der Notenbankziele steigen. Mit den zunehmenden Auslastungsgraden der Gesamtwirtschaft ist gemäß dem sogenannten Philips-Kurven-Konzept (sinkende Arbeitslosenquoten führen zu steigenden Löhnen und Preisen) der Boden dafür auch bereitet. So ist der Vorhang für den nächsten Akt aufgegangen, die Notenbanken wagen sich unter Beifall des Publikums an den Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik. Die US-Notenbank Fed hat schon mit ersten Maßnahmen begonnen, die Europäische Zentralbank dürfte dagegen erst im kommenden Jahr starten. Eigentlich sollte dies ein US-Dollar-freundliches Umfeld sein. Doch hat der US-Dollar Mitte Juli entgegen unseren Erwartungen das Band zwischen 1,05 und 1,15 verlassen, in dem er sich seit rund zweieinhalb Jahren gegenüber dem Euro bewegt hatte. Derzeit wird er zusehends schwächer und nähert sich schon der Marke von 1,20. Eine Erklärung scheint schwierig. Es mag an politischen Wirren in den USA wie dem Personalkarussell im Weißen Haus oder den gescheiterten Abstimmungen zur Gesundheitsreform liegen. Es könnte aber auch sein, dass die Devisenmärkte von der Fed eine deutlich schnellere Straffung erwartet hatten und nun enttäuscht reagieren.
Wir nehmen unsere Einschätzung für den Euro etwas nach oben, lassen uns aber ansonsten hiervon ebenso wenig verwirren wie von der Unsicherheit mit Blick auf die US-Sanktionen gegen Russland, die politischen Querelen in Polen und Venezuela oder den Diesel-Skandal in Deutschland. Am Ende des Tages wird sich unserer Einschätzung nach die positive konjunkturelle Grunddynamik durchsetzen und die erwartete geldpolitische Wende mit ganz allmählich steigenden Renditen am Kapitalmarkt ermöglichen. Aus Anlegersicht kann weiterhin eine akzeptable Rendite beispielsweise bei Anleihen geringerer Bonität über den höheren Kupon oder bei Aktien nicht zuletzt über die Dividendenrendite gefunden werden. Insofern sind die Aussichten mit Blick auf die sich mittelfristig normalisierende Geldpolitik durchaus konstruktiv. Sie laden zwar nicht zu Beifallsstürmen ein, wohl aber zu einem perspektivisch wieder festeren US-Dollar.
Deutschland
Die Indikatoren des zweiten Quartals kommen erfreulich gut daher. Ein kräftiges Plus bei den Einzelhandelsumsätzen lässt auf eine rege Konsumtätigkeit schließen. Auch der Export dürfte gut gelaufen sein, worauf u.a. die Auslandsumsätze der Industrie hindeuten. Fügt man alle Aspekte zusammen, so könnte das deutsche Bruttoinlandsprodukt um rund ¾ % im Vorquartalsvergleich gestiegen sein. Das ist für deutsche Verhältnisse sehr kräftig, was auch erklärt, warum weiterhin gute Nachrichten vom Arbeitsmarkt kommen. Zur selben Zeit hat das ifo Geschäftsklima zum dritten Mal in Folge ein Allzeithoch markiert. Damit signalisiert er wie auch andere Unternehmensumfragen zu Recht ein kräftiges Wachstum, übertreibt dabei aber deutlich die tatsächliche Dynamik.
Euroland
Laut der vorläufigen Schnellschätzung legte das Bruttoinlandsprodukt in Euroland im zweiten Quartal 2017 um 0,6 % im Vergleich zum Vorquartal (qoq) zu. Die wirtschaftliche Dynamik ist damit weiterhin groß genug, um am Arbeitsmarkt für Verbesserung zu sorgen. Aus einzelnen Staaten liegen schon nationale Daten vor, die die kräftige Konjunktur in der Eurozone untermauern. So legte die Wirtschaftsleistung in Lettland um 1,3 % qoq, in Spanien und Österreich um jeweils 0,9 % qoq, in Litauen um 0,6 % qoq, in Frankreich um 0,5 % qoq und in Belgien um 0,4 % qoq zu. Für Deutschland erwarten wir ein kräftiges Wachstum von ¾ % qoq und in Italien ein eher bescheidenes Plus von ¼ % qoq. Euroland steuert auf das beste Konjunkturjahr seit acht Jahren zu. Nach gegenwärtigem Stand dürfte das gesamtwirtschaftliche Wachstum 2017 gut 2 % erreichen, vielleicht sogar einen Tick mehr.
USA
Das Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal um 2,6 % gegenüber dem Vorquartal und auf das Gesamtjahr hochgerechnet angestiegen. Sowohl die Konsumals auch die Investitionsdynamik der Unternehmen konnten überzeugen. Der von uns erwartete Lagerschub blieb aus und verschiebt sich damit in die zweite Jahreshälfte. Die Wachstumsverschiebung – ein schwächeres erstes Halbjahr 2017 und dafür ein etwas kräftigeres zweites Halbjahr – sorgt dafür, dass unsere Wachstumsprognose nun für 2017 tiefer und für 2018 höher ist. Erneut wurde eine überraschend schwache Preisentwicklung bekannt geben. Wir haben daher auch Anpassungen an unserem Inflationsausblick 2018 vorgenommen und prognostizieren nun einen etwas flacheren Pfad bei den Preissteigerungen.
Die komplette Deka Volkswirtschaftprognose für August/September gibt es hier zum Download.
Quelle: Dekabank
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