INTERVIEW ZUR SPARKASSEN-GALA mit PHILIPP PFLIEGER: „Folgt eurem Herzen und dem Sport, den ihr liebt!“

eingestellt von Fabian Lutz Social Media Manager a.D. am 7. Juni 2017

Zum 20. Mal findet am 11. Juni im Regensburger Uni-Stadion die Sparkassen-Gala statt. Einen Tag vorher gibt es die traditionelle „Laufnacht“, bei der man Deutschlands Talente wieder zu schnellen Zeiten verhelfen möchte. Wir haben als Hauptsponsor und Namensgeber des international renommierten Events einen echten „Alt-Star“ zum Interview gebeten: Philipp Pflieger gehört zu den besten Marathon Läufern in Deutschland. Seit 2007 ist er in vielen Wettbewerben und unterschiedlichen Strecken am Start und weiß genau, wie die Szene tickt und was es braucht, um einmal ganz vorne mitzuspielen. Als Olympiateilnehmer und mit starken Sponsoren im Rücken ist er ein echtes Vorbild für die Jugend. Und er hat noch viel vor!

 

Lieber Philipp, am kommenden Sonntag findet die Sparkassen-Gala zum 20. Mal statt. Wie oft hast du in deiner Karriere da schon mitgemacht und auf welchen Distanzen, mit welchen Ergebnissen? Gib unseren Lesern doch mal einen kurzen Überblick über deine persönliche „Gala-Historie“… Was gefällt dir an dem Event?

Eine gute Frage zum Einstieg, auf die mir die Antwort gar nicht so leicht fällt. Da ich nun schon im 10. Jahr für die LG Telis Finanz Regensburg antrete, dürfte ich auf etwa sieben Starts bei der Sparkassen-Gala kommen. Einmal fand zeitgleich der 10.000m Europacup in Bulgarien statt für den ich qualifiziert war, einmal habe ich mich bereits als „Tempomacher“ in den Dienst der Veranstaltung gestellt und einmal musste ich verletzt passen, soweit ich mich erinnern kann. Gestartet bin ich dabei von den für mich sehr kurzen 1500m, über 3000m und natürlich auch meiner ehemaligen Paradestrecke 5000m. Großartig war, dass ich bei meiner Premiere im Regensburger Trikot vor heimischer Kulisse im Uni-Stadion 2008 direkt in einer Hundertstelsekundenentscheidung vor einem Läufer aus Somalia oder Uganda gewinnen konnte. Den Lärm der Anfeuerung von der Haupttribüne und das Gänsehaut-Feeling als wir Brust an Brust die Zielgerade entlang gesprintet sind werde ich nie vergessen.

 

 

Dieses Jahr bist du als „Pace-Maker“ eingeteilt, du sollst also für andere Läufer Tempo machen und nicht gewinnen. Hat das auch mit deinen gesundheitlichen Problemen seit Olympia 2016 in Rio zu tun? Freust du dich über diese neue Rolle oder schmerzt es auch ein wenig? Wie hast du dich vorbereitet?

Nein, es schmerzt nicht. Das hat vor allem zweierlei Gründe. Mit dem Wechsel auf die Marathondistanz hat sich auch der Fokus der Wettkampfphasen komplett geändert. Marathonsaison ist im Frühjahr und im Herbst, während die klassische Leichtathletiksaison ja im Sommer stattfindet. Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Der Sommer gehört bei mir nun eher zur Off-Season in der ich mich von den Frühjahrs-Strapazen erhole und das Training dann langsam wieder für eine Herbstmarathonvorbereitung hochfahre.

Zum anderen habe ich als Pacemaker die Möglichkeit ein bisschen was zurückzugeben. Meinen Verein kann ich hier in der Ausrichtung dieses großartigen Leichtathletik-Festes genauso unterstützen, wie aufstrebende junge Leichtathletik-Talente auf der Jagd nach persönlichen Bestzeiten.

 

„Ich denke, dass das aber eben auch den großen Reiz des Mythos Marathon ausmacht.“

 

Vor Olympia 2016 in Rio hatten wir mal kurz gesprochen: Du warst begeistert, hast aber auch deutlich auf die körperlichen Belastungen hingewiesen, die dein Körper wegstecken muss. Wie geht es dir heute damit? Was sind deine Ziele, Träume, Hoffnungen?

Ja, Marathon auf diesem Niveau zu laufen und natürlich auch dafür zu trainieren ist mit Abstand das Heftigste was ich sportlich bislang in Angriff genommen habe. So eine 12wöchige Marathonvorbereitung mit roundabout 200 gelaufenen Kilometern pro Woche plus Krafttraining, Trainingsvor- & -nachbereitung ist sowohl physisch, als auch psychisch jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung. Ich denke, dass das aber eben auch den großen Reiz des Mythos Marathon ausmacht – dieser absolute Grenzgang in der Vorbereitung und dann aber natürlich auch am „Tag X“ im Rennen.

Mittelfristig ist sicherlich die Heim-EM nächstes Jahr in Berlin ein riesen Ding, die vermutlich auf jeden deutschen Leichtathleten einen wahnsinnigen Reiz ausüben dürfte. Die Chance auf eine große internationale Meisterschaft im eigenen Land ist eben nicht jedem Sportler in seiner Karriere vergönnt, dementsprechend stark werden sich alle Athleten ins Zeug legen um Teil des Kaders zu werden. Für uns Marathonläufer kann da auch schon der Herbstmarathon dieses Jahr entscheidend sein. Spannung ist da also vorprogrammiert.

Langfristiger gesehen sind die Olympischen Spiele in Tokio 2020 im Blick.

 

 

Im Vorfeld der Gala wurde wieder einmal viel über die Rolle der Leichtathletik in der Gesellschaft und die Verantwortung der Sponsoren debattiert. Wie siehst du das eigentlich persönlich, fühlst du dich gut genug unterstützt? Du bist ja im Vergleich zu anderen Läufern von außen betrachtet ziemlich gut dabei, adidas unterstützt dich und seit deinem super Auftritt in Berlin haben dich die Medien auf dem Radar…

Es ist denke ich kein Geheimnis, das viele „Randsportarten“ (was auch immer das heißen mag) hierzulande gemessen an deren Leistung unfassbar unterbezahlt sind. Ich hatte das große Privileg im Rahmen der Olympischen Spiele von Rio letztes Jahr viele großartige Sportler kennenlernen zu dürfen, die sich alle mit riesigem Respekt begegnet sind. Für jeden war klar, dass der andere ziemlich taff sein muss in dem was er tut, sonst wäre er eben nicht hier. Trotz der Exzellenz dieser Athleten geht es bei vielen tagtäglich um die (sportliche) Existenzgrundlage. Dass das auf Dauer nicht gerade zu sportlichen Höchstleistungen beiträgt, sondern extrem belastend wird, dürfte klar sein. Irgendwann werden noch mehr Athleten das Handtuch werfen – wer kann es ihnen verdenken – und wie sich eine noch schmalere Basis an Sportlern und Talenten auf mögliche Spitzenleistungen auswirkt, brauche ich, denke ich, nicht groß erklären.

 

„Ohne ein so großes Engagement wie das der Sparkassen-Finanzgruppe, sähe die Sportlandschaft in Deutschland heute schon ganz anders aus.“

 

Mir ist natürlich bewusst, dass auch im (Profi-)Sport die Nachfrage das Angebot bestimmt. Nichtsdestotrotz ist Sportvielfalt ein wertvolles Gut, dass meiner Ansicht nach bewahrt werden sollte – gerade in einem der privilegiertesten Ländern der 1. Welt wie Deutschland. Sportler haben nach wie vor Vorbildcharakter, egal ob für die Kids oder den Freizeit-Athleten, der runter von der Couch und was für seine Gesundheit tun will.

Was mich persönlich anbelangt, kann ich mich nicht beklagen. Der Wechsel zum Marathon, der natürlich wesentlich höheres Identifikationspotential besitzt als die Stadionleichtathletik und noch dazu häufiger im TV übertragen wird, hat sich durchaus auch finanziell positiv ausgewirkt – keine Frage. War das die Motivation für den Wechsel auf die Straße? Nein! Den Schritt zum Marathon hat damals ausschließlich der Gedanke an Olympische Spiele geprägt.

 

 

Insbesondere im Marathon ist es wichtig, geduldig zu sein. Auch die Sparkasse Regensburg und die Sparkassen-Finanzgruppe sind nachhaltige Unterstützer der Leichtathletik, sei es bei lokalen Events wie der Gala, oder unser Engagement bei Olympia in Rio. Dabei geht es immer viel um Nachwuchsförderung – trägt das Früchte? Hast du das Gefühl, dass die jungen Leute nachrücken und frische Talente den Sport in Zukunft noch attraktiver machen?

In meinen Augen auf jeden Fall! Ohne ein so großes Engagement wie das der Sparkassen-Finanzgruppe, sähe die Sportlandschaft in Deutschland heute schon ganz anders aus. Talente gibt es in Deutschland immer noch in Hülle und Fülle, das merken gerade wir als Verein, der Nachwuchshoffnungen auf ihrem Weg begleitet nach wie vor. Das aber Kinder sich für eine Sportart interessieren und dann vielleicht auch dafür entscheiden, hängt vor allem auch mit der Wahrnehmung dieser Sportarten zusammen. Wir haben durchaus schon Anfragen und neues Interesse für unseren Verein gehabt, weil Kinder von der bei einer Sparkassen-Gala dargebotenen Leichtathletik so fasziniert waren.

 

„Als kleiner Bub in Sindelfingen war in keinster Weise absehbar, wohin mich der Sport mal verschlagen würde“

 

Was würdest du einem jungen Läufer raten, der am Anfang seiner Karriere steht?  

Folgt eurem Herzen und dem Sport den ihr liebt. Klingt vielleicht ein bisschen „cheezy“ ist aber tatsächlich genauso gemeint. Ich habe die Leichtathletik und im speziellen das Laufen lieb gewonnen und bin einfach über die Jahre meiner Passion gefolgt. Natürlich war mit 13 Jahren als kleiner Bub in Sindelfingen in keinster Weise absehbar, wohin mich der Sport mal verschlagen würde, aber der Sport und der damit untrennbar verbundene Spaß waren immer integraler Bestandteil meines Lebens. Und wer weiß schon wo einen das mal hinführt (über Sindelfingen nach Regensburg und dann sogar nach Rio)?! 

 

Hoffentlich 2020 nach Tokio! Lieber Philipp, vielen Dank für das gute Gespräch.

(c) Fotografie Philip Pflieger

 

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