US-Wahlen aus Sicht der DekaBank Volkswirte: Amerika am Scheideweg?

Der Wahlkampf um die nächste Präsidentschaft in den USA war in den vergangenen Wochen spektakulär und mit vielen Überraschungen gesegnet. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch findet die Wahl des 45. US-Präsidenten statt. Sie enthält mehrere Kuriositäten: Erstmals seit dem 19. Jahrhundert stellt sich mit Donald Trump ein ausgewiesener Populist zur Wahl. Zudem sind beide Kandidaten extrem unbeliebt im jeweils anderen politischen Lager und selbst in der eigenen Partei nicht unumstritten. Insbesondere Hillary Clinton muss befürchten, dass ihr Umfragevorsprung aufgrund zu geringer Wählermobilisierung am Wahltag dahinschmilzt. Um die Spannung noch etwas auf die Spitze zu treiben, haben die Volkswirte der DekaBank für uns die Wahlprogramme von Clinton und Trump mit Blick auf ihre potenziellen Folgen für die US-Wirtschaft analysiert. 

 

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Die Wahlprogramme im Vergleich

Clinton: Der wirtschaftspolitische Teil von Clintons Wahlprogramm lässt sich relativ leicht zusammenfassen: weiter so. Sie plant Mehrausgaben in den Bereichen Infrastruktur (100-Tage-Plan), Bildung (Ermöglichung einer schuldenfreien Collegeausbildung) und Familienpolitik (finanzielle Unterstützungen bei der Kinderbetreuung). Diese Mehrausgaben sollen durch eine steuerliche Mehrbelastung von Gutverdienern bzw. durch das Stopfen von Steuerschlupflöchern nahezu vollständig gegenfinanziert werden. Zudem präferiert sie eine Anhebung des bundesweiten Mindestlohnes und möchte Unternehmen stärker belasten, die Gewinne im Ausland erzielen. Sie hat sich hinsichtlich von multilateralen Handelsabkommen zuletzt kritischer geäußert als noch in ihrer Zeit als Außenministerin. Unklar ist, ob dies tatsächlich einem politischen Umdenken geschuldet ist oder ob es nicht vielmehr in den Bereich der üblichen Wahlkampfrhetorik gehört.

Trump: Während Clinton für wirtschaftspolitische Kontinuität steht, überwiegen bei Trump die ökonomischen Fragezeichen. Kernstück seines Wirtschafsprogramms ist eine deutliche Senkung der Einkommens- und Unternehmenssteuersätze. Die Gegenfinanzierung soll teilweise über eine Verringerung der Staatsausgaben (außerhalb des Verteidigungsbereichs) sowie überwiegend über ein stärkeres Wirtschaftswachstum erfolgen. Nach Meinung der Deka-Experten wird dies jedoch schwierig werden, da das Wahlprogramm von Trump auch zwei enorme ökonomische Belastungsfaktoren enthält. Trump plant, 11,3 Millionen nicht registrierte Einwanderer innerhalb kürzester Zeit aus den USA auszuweisen. Der Verlust von so vielen Arbeitskräften wäre nicht nur eine Belastung für die inländische Nachfrage, sondern es würde vielmehr aufgrund des ohnehin schon knappen Arbeitsangebots (zurzeit sind nur knapp 8 Millionen Personen arbeitslos) die Lohndynamik aus geldpolitischer Sicht unerwünscht anheizen und damit die Gesamtinflationsrate nach oben treiben. Zudem stünde unter Trump eine Neuausrichtung der Handelsbeziehungen zu Mexiko und China bevor, den wichtigsten US-Handelspartnern nach Kanada. Sollten neue Handelsschranken hochgezogen werden, käme es zu so genannter „importierter Inflation“, und es wäre womöglich ein scharfes geldpolitisches Gegensteuern der Zentralbank notwendig, was wiederum die Wahrscheinlichkeit einer Rezession erhöhen würde.

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Umsetzbarkeit der wirtschaftspolitischen Vorhaben

Am 8. November wird von den Amerikanern nicht nur der nächste Präsident gewählt, sondern es stehen auch 34 von 100 Sitzen im Senat sowie die Abgeordneten des Repräsentantenhauses zur Wahl. Nach derzeitigem Umfragestand dürften die Republikaner zumindest im Repräsentantenhaus ihre Mehrheit verteidigen können. Hingegen könnten die Demokraten im Senat eine Mehrheit zurückgewinnen. Für die Umsetzung der Wahlprogramme beider Präsidentschaftskandidaten ist jedoch in den meisten Fällen eine Zustimmung in beiden Kammern des Kongresses notwendig.

Globale Auswirkungen

Im Falle einer Wahl von Clinton besteht das Risiko, dass das Verhältnis zu Russland aufgrund des Syrien-Konflikts weiter belastet wird. Im Bereich der Außenwirtschaft dürfte Clinton die Bestrebungen von Barack Obama fortsetzen, die Handelsbeziehungen zum Pazifikraum zu verbessern (TPP). Änderungen der Wirtschaftsbeziehungen zu Kanada bzw. Mexiko (NAFTA) sind nicht zu erwarten. Jedoch erscheint es fraglich, ob die Verhandlungen über die außenwirtschaftlichen Beziehungen zur Europäischen Union (TTIP) unter Clinton weiter vorangetrieben werden.

Die Einführung von Schutzzöllen gegenüber Mexiko und China wäre im Falle einer Wahl Trumps nur in Einzelfällen zu befürchten, denn für eine Einführung für alle Güter und Dienstleistungen fehlt dem Präsidenten schlicht die gesetzgebende Möglichkeit. Aber bereits auf abgeschwächte Maßnahmen könnten die beiden wichtigen Handelspartner mit Gegenmaßnahmen reagieren, und allein schon ein verdeckter Handelskrieg mit China könnte die Weltwirtschaft empfindlich treffen.

Geldpolitik der US-Notenbank Fed

Die Auswirkungen der US-Wahl auf die Fed sind im Falle Clintons vernachlässigbar, im Falle Trumps dagegen erheblich. Unter einem Präsidenten Trump wären gleich drei geldpolitische Themenbereiche betroffen: der geldpolitische Kurs der Fed, die Besetzung der Position des Fed-Präsidenten und die Unabhängigkeit der Fed in der derzeitigen Form.

Marktimplikationen

Die Deka-Volkswirte gehen nach derzeitigem Stand davon aus, dass die Kapitalmärkte nicht nennenswert auf eine Wahl von Clinton reagieren. Wenn überhaupt, würden vermutlich risikobehaftete Anlagen wie Aktien leicht profitieren und sichere Anlagen wie beispielsweise die Kurse von US-Treasuries geringfügig an Wert verlieren.

Mit größeren Marktbewegungen wäre allerdings zu rechnen, wenn Trump der nächste US-Präsident werden sollte. Hierbei wären drei Zeiträume zu unterscheiden: Marktreaktionen am Tag nach der Wahl, in den anschließenden Wochen sowie auf Sicht der kommenden Monate bzw. Jahre. Als unmittelbare Reaktion auf eine Wahl Trumps dürften alle sicheren Anlagehäfen profitieren. Nach einem ersten Schock könnte sich vermutlich relativ rasch die Einschätzung am Markt durchsetzen, dass sich auch unter Trump ökonomisch nicht viel verändert, sodass nach einem Zeitfenster von mehreren Wochen eine Erholungsbewegung an den Finanzmärkten einsetzen könnte. Auf mittelfristige Sicht sind die Marktimplikationen weitaus problematischer abzugreifen. Dies liegt an den politischen Unwägbarkeiten im globalen Kontext sowie im Bereich der Zentralbank. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich diese Unwägbarkeiten in den Kapitalmärkten erst im Laufe des kommenden Jahres oder darüber hinaus niederschlagen werden. Da die jeweiligen Auswirkungen oftmals gegenläufige Marktreaktionen verursachen können, wäre im Falle einer Wahl von Trump in den kommenden Jahren mit erhöhten Marktschwankungen zu rechnen.

Fazit

Vor kurzem sah es noch so aus, als ob Hillary Clinton zum 45. Präsidenten und zur ersten Präsidentin der USA gewählt werden würde. Durch die jüngsten Ereignisse (FBI-Untersuchungen) konnte Donald Trump in den Wahlumfragen allerdings wieder zulegen. Der Vorsprung Clintons ist nur noch gering. Aufgrund des amerikanischen Wahlsystems, das stark von den  Ergebnissen in den einzelnen Bundesstaaten abhängt, ist eine seriöse Prognose allerdings nicht möglich.

In den Tagen um die Präsidentschaftswahlen sind wegen der Unsicherheit hinsichtlich des Wahlausgangs stärkere Marktschwankungen zu erwarten.

Quelle: Dekabank 2016

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