Lernen ist einfach: Der Regensburger Investment Club im Wertpapier-Praktikum

Frederik Geiger studiert im letzten Semester Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) an der Universität Regensburg. Durch die Kooperation des Investment Club Regensburg mit der Sparkasse Regensburg absolviert er in diesen Wochen ein exklusives Praktikum im Bereich Wertpapiermanagement. Für ihn ein „spannender Blick hinter die Kulissen“ des regionalen Marktführers und die Chance, mehr über das Tagesgeschäft einer professionellen Wertpapierabteilung zu erfahren. Ganz besonders interessiert sich der junge Student für die Themen Anlageberatung, Risikoklassifizierung und Sentimentanalyse. Für unseren Blog  hat er sich den Depotzweitbetreuer Felix Skopan geschnappt und ihn mit seinen anspruchsvollen Fragen gelöchert. Was für ein Anlagetyp bin ich? Wie schwer ist Rendite während einer Phase expansiver Geldpolitik? Und welches Risiko ist das Richtige? Es wird akademisch!

 

Lieber Herr Skopan, ich habe manchmal den Eindruck, dass sich potentielle Anleger bei der Profil-Befragung gerne die Rosinen herauspicken. Die Anlage soll sowohl kapitalerhaltend und liquide sein, eine entsprechende Rendite abwerfen, als auch geringe Kurs- und Währungsrisiken mit sich bringen. Man könnte fast von der „eierlegenden Wollmilchsau“ sprechen. Ist die Erwartungshaltung mancher Anleger zu groß? Oder ändert sich das nach einem professionellen Beratungsgespräch und der Aufklärung über die Risiken, die sich hinter einer Geldanlage verbergen?

Unsere Kunden sind natürlich anspruchsvoll und das ist grundsätzlich auch gut so. Ich habe eigentlich nicht das Gefühl, dass unsere Anleger zu stark auf die Rendite schauen. Klar, viele sagen das in einer ersten Befragung. Doch es ist ihnen dann meist schon bewusst, dass eine höhere Rendite auch mit höheren Risiken einhergeht. Beim „typischen deutschen Anleger“ stehen am häufigsten die Punkte Kapitalerhalt und Liquidität im Vordergrund.

Auf alle Fälle sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Unsere Aufgabe als Berater ist es, den Kunden eine klare Unterscheidung zwischen Maximalrisiken und zwischenzeitlichen Marktschwankungen aufzuzeigen. Letztere können nämlich durchaus auch nützlich sein, wenn man zum Beispiel an die Investition über Sparpläne (Stichwort „Cost-Average-Effekt“) denkt.

 

Neben der Risikobereitschaft der Kunden ist auch auch deren Anlagehorizont wichtig. Können Sie sagen, welche Kategorien (Anleihen, Fonds, Aktien, Zertifikate und so weiter) über die Jahre hinweg am besten abschneiden?

Aus meiner Erfahrung ist mit großem Abstand die Aktie beste Anlageklasse. Sie ist auch die einzige Möglichkeit, als Privatperson direkt an der Wirtschaftsentwicklung teilzuhaben.

 

Das Alter und die Art des Investments sind in der Theorie ein hoch umstrittenes Thema. Wie stehen sie zu der Aussage „100 – Alter = Aktienanteil im Depot“?

Diese Gleichung ist aus meiner Sicht unsinnig. Die Höhe der Aktienquote sollte sich nicht allein nach dem Alter eines Anlegers richten, sondern nach seiner Risikobereitschaft und der Risiko-Tragfähigkeit seines Vermögens. Das in Verbindung mit dem Anlagehorizont, ergibt für mich eine sinnvolle persönliche Aktienquote.

 

Apropos Alter: Sie beraten vorwiegend vermögende Kunden, die meist etwas älter sind. Aber was würden sie jungen Leuten raten? Lohnt sich eine Investition auch mit studentischem Geldbeutel?

Egal wie alt man ist, man muss sich immer vor Augen halten, was das persönliche Ziel einer Anlage ist. Vorsorge hat zum Beispiel noch in keinem Alter geschadet. Wir wissen aus Berechnungen, dass bei der gleichen jährlicher Sparleistung und der entsprechenden Rendite-Erwartung pro Jahr ein fast doppelt so hohes Guthaben am Ende einer Anspar-Phase herauskommt, wenn man bereits im Alter von 25 statt mit 30 Jahren zu sparen begonnen hat. Wer also als Student oder Schüler etwas übrig hat, kann auch sinnvoll investieren. Je früher, desto besser. Wie viel Risiko man dabei eingeht, ist eine andere Sache und will wohlüberlegt sein.

 

Mein Eindruck ist, dass die Dividendenstrategie eine der beliebtesten Arten der Kapitalanlage ist. Können sie mir als Theoretiker praxisnah erklären, wie diese Strategie funktioniert und warum sie so nachhaltig ist?

Natürlich. Als „Dividendenstrategie“ bezeichnet man einen besonderen Selektionsprozess bei der Aktienauswahl. Hier kommen Kriterien wie die Dividendenrendite, das jährliche Dividendenwachstum und die Höhe der Ausschüttungsquote zum Tragen. Zusätzlich sollte man dabei auch die Dividendenhistorie beachten, sprich, wurden über lange Zeiträume Dividenden bezahlt und wenn ja, konnten diese sukzessive gesteigert werden.

Die Nachhaltigkeit dieser Strategie ist einfach zu erklären, wenn man weiß, was eine Dividende eigentlich ist. Die Dividende ist die Auskehrung des Jahresgewinns an die Aktionäre. Wenn ein Unternehmen über Jahrzehnte und ohne Probleme ausschüttet und dabei auch noch fortlaufend Steigerungen erzielt ohne dabei die Quote zu erhöhen, dann müssen dort viele Dinge fundamental richtig laufen. Das hat der Anleger natürlich gerne.

 

Stichwort Sentimentanalyse. Lässt sich die Stimmung der Marktteilnehmer tatsächlich an Indikatoren messen und wenn ja, durch welche? Aktuell ist das Sentiment der Börsen recht unentschlossen. Der Markt kommt nicht vom Fleck. Der Kampf zwischen Bullen und Bären zeigt sich auch in der Put-Call Ratio, die im DAX nahezu bei 50:50 steht. Die Anleger sind verunsichert, möglicherweise ist das ein Grund für die andauernde seitwärts Bewegung im DAX. Wie stehen Sie zu solchen Analysen, Herr Skopan? Im Studium beschäftigen wir uns ausgiebig damit.  Lässt sich Ihrer Erfahrung nach durch Indikatoren die Großwetterlage an den Finanzmärkten tatsächlich gut abbilden?

Ja. Aus meiner Sicht sind Sentimentindikatoren sehr gut dazu geeignet, beliebte und unbeliebte Märkte zu selektieren. Extremsituationen in diesen Indikatoren liegen sehr oft mit Hoch- bzw. Tiefpunkten in den jeweiligen Märkten zusammen. Eine wichtige Hilfe in unserer täglichen Praxis.

 

Noch ein Blick auf die aktuelle Gemengelage. Die Banken in Europa straucheln, Haupttreiber ist die EZB mit ihrer Billiggeld-Politik. Auch Chinas Konjunktur bereitet vielen Bauchschmerzen. Am US-Markt reden Experten von einer Überbewertung, Europa macht politisch einen Ruck nach „rechts“. Nicht zu vergessen, der Brexit, der überraschend kam und dessen Folgen noch nicht ganz absehbar sind. Hinzu kommt – aus rein zyklischer Sicht – dass uns nach 8 Jahren erwartungsgemäß eine Krise einholen müsste. Keine rosigen Aussichten. Wie schätzen Sie solche Thesen ein? Sind nicht viele Probleme hausgemacht?

Eine Hausse ist noch nie an Überalterung gestorben, sondern entweder auf Grund von Rezessionen, Überbewertungen an den Aktienmärkten, starker Rohstoffpreis- oder Zinsanstiege. Alle vier Gründe sehen wir im Moment nicht erfüllt. Die angesprochenen politischen Probleme sind für mich aber wirklich hausgemacht. Dabei halte ich mich an die alte Börsenweisheit: „Politische Börsen haben kurze Beine“.

Was China angeht, habe ich keine Bauchschmerzen. Hier wird in den Medien gerne die wirtschaftspolitische Strategie der chinesischen Regierung verkannt. Fakt ist: China wächst in seinem Zielkorridor. Dort entsteht wirtschaftlich gesehen und gemessen am BIP, jedes Jahr eine neue Niederlande. China trägt also massiv zum Weltwirtschaftswachstum bei. Das Land ist auf einem guten Weg, was den Umbau von einer Produktions- zu einer Dienstleistungswirtschaft angeht. Langfristig sollte das zu deutlichen Vermögenssteigerungen der chinesischen Bevölkerung führen, da die Löhne und Gehälter steigen werden, was wiederum zu einem deutlich höheren Konsum führen wird.

 

Normalerweise sind die Wintermonate eher bullische Marktphasen. Doch nun stehen am 8. November 2016 in den Vereinigten Staaten Wahlen an. Was denken Sie? Inwiefern könnte die Wahl von Donald Trump (Republikaner) oder Hillary Clinton (Demokraten) die Märkte beeinflussen?

Ein Wahlsieg von Hillary Clinton wird die Börsen kaum bewegen, da dies einem „weiter so“ der aktuellen Politik entspricht und die Markterwartung widerspiegelt. Ein Sieg von Donald Trump könnte allerdings eine kurzfristig negative Marktentwicklung mit sich bringen, da die weitere politische Ausrichtung der USA dann unklar ist. Der Markt hasst nichts mehr als Unsicherheiten. Allerdings gilt auch hier, wie dieses Jahr bereits beim Referendum der Briten gesehen und vorher schon mal erwähnt: „Politische Börsen haben kurze Beine“. Und entsprechende Rückschläge bieten auch immer eine sehr gute Gelegenheit, auf günstigeren Niveaus ein- bzw. nachzukaufen.

 

Lieber Herr Skopan, ich bedanke mich für das Gespräch! 

Nichts zu danken. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg beim Studium. Bleiben Sie hungrig, Herr Geiger!

 

 

 

 

 

 

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