Interview mit Thomas Spitzer zum MASTER OF THE UNI-VERS: „Man ist am liebsten daheim und kocht sich ein Ei.“

Inspirieren ist einfach_weißLetztes Jahr haben wir den Regensburger Poetry Star Thomas Spitzer tatkräftig bei seinem nationalen Jugend-Poetry-Projekt „U20 Poetry Slam“ unterstützt. Jetzt wird es erwachsen: Die Sparkasse Regensburg ist zum ersten Mal stolzer Sponsor des Master of the Uni-Vers. Am 19. April werden sich tausende Fans des gesprochenen Wortes im Audimax versammeln und lautstark ihre Lieblings-Dichter und Poetry-Helden feiern. Ein kulturelles Highlight für unsere Stadt – gute Laune und ganz viel Stoff zum Nachdenken inklusive. Wir müssen reden! 

 

Lieber Thomas, in meiner Jugend (noch lange vor der Erfindung des Internets) gab es so einen Trend. Schüler ritzten mit dem Taschenmesser freche Sprüche auf Schulbänke. Die wurden dann auch in Büchern veröffentlicht.  Einer hieß: „Noch ein Spruch, Kiefernbruch.“ So oder so ähnlich ging es mir beim Lesen deines Veranstaltungs-Titels „Master of the Uni-Vers“. Wie und wo um Himmels Willen fällt einem denn so etwas Genialdoofes ein? Und genialdoof ist jetzt echt positiv gemeint.

Dankeschön. Ich finde den Titel auch ganz gut. Klar, ist ein Kalauer. Aber immerhin ein bilingualer.

Bezüglich Sprüche weiß ich genau, was du meinst. Als Kind habe ich Sprüche geliebt! Meine Geschwister und ich haben uns teils nur mit Sprüchen, Filmzitaten und running gags unterhalten. Wenn jemand gekocht hat und fragte wie es schmeckt, sagten wir etwas wie: „Der Hunger treibt’s rein. Der Geiz hält’s drin.“ Wir haben ständig Dinge gesagt wie: „Ich hasse meinen Job.“ Oder: „Nun ja … Es ist nicht Las Vegas. Und so ganz legal ist es auch nicht.“ Egal, ob das zur jeweiligen Situation gepasst hat oder nicht. Als mein Bruder erwachsen wurde, haben wir ihm eine Zeitungsanzeige und geschrieben: Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke!

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Hast du denn einen persönlichen Lieblingsspruch?

Ein einziger Spruch kann eine ganze Person charakterisieren. Letztens habe ich zum Beispiel erfahren, dass eine Person, die ich erst seit einem halben Jahr kenne, früher „Weg mit der Ozonschicht! Ich will braun werden!“ auf seinem Mäppchen stehen hatte. Ich musste lachen, weil ich ab diesem Moment genau wusste, wie er als Schüler so drauf war. Ich hatte ein Bild im Kopf. Das kann ein guter Spruch schaffen. Einer meiner Lieblingssprüche ist von Albert Einstein und lautet: „Der Horizont vieler ist ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ Das Buch „Das Bildnis des Dorian Gray“ war lange Zeit mein Lieblingsbuch, weil gerade die ersten 60 Seiten voll sind mit Sprüchen. Später habe ich dann erfahren, dass man auch „Aphorismen“ dazu sagen kann.

 

Vor fast genau einem Jahr haben wir an dieser Stelle das letzte Interview geführt. Damals ging es um den U20 Poetry Slam 2015, der am Ende (trotz aller Schwierigkeiten) auch ein großer Erfolg wurde.  Seitdem ist bei dir einiges passiert. Facebook-Gefühlt warst du sehr viel unterwegs, privat und beruflich. Ist der Spitzer 2016 noch der Spitzer 2015? Hast du dich verändert? Oder die Welt in der du lebst?

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Ja, beides definitiv. Also die Welt, in der wir leben, hat sich ja von 2015 auf 2016 massiv verändert. Noch Anfang 2015 sah es zum Beispiel so aus als käme es zu einem Präsidentschaftswahlkampf „Clinton vs. Bush“. Damals dachte ich: „Oh nein! Wie langweilig!“ Jetzt reden alle über das Duell „Sanders vs. Trump“ – zwei Leute, die sich nicht nur bewusst von dem politischen Programm ihrer jeweiligen Partei offen distanzieren, sondern auch sonst quasi losgelöst von der Realpolitik scheinen. Die Gegensätzlichkeit manifestiert sich schon in den Haaren: Sanders hat eine Glatze, Trump so ziemlich die verrückteste Frisur aller Zeiten. Eine außergewöhnliche Situation. Vielleicht sogar ein bisschen genialdoof.

Für den Spitzer 2014 hingegen war 2015 ein sehr ereignisreiches Jahr. Preise, Kabarett, Fernsehen, Chicago. Gerade nach hinten raus hat sich noch einmal viel getan, was bestimmt auch den Spitzer 2016 gefreut hat. Am schönsten war übrigens, dass ich Gerhard Polt und Josef Hader kennen gelernt habe.

 

Jetzt also der  MASTER OF THE UNI-VERS am 19. April. Der größte Slam in Bayern hast du mir gesagt. Erzähl unseren Lesern (die nicht eh schon jedes Poster von dir ausgedruckt und an die Wand  gepinnt haben) was das für ein Ereignis ist, was die Leute da erwartet und warum es dieses Jahr alles noch schöner, cooler und witziger wird!  😉

Ich kenne jetzt inzwischen wirklich so ziemlich jeden Wald-Und-Wiesen-Slam Deutschlands, von Lauf an der Pegnitz bis nach Ostfriesland. Der MASTER OF THE UNI-VERS ist mit 1.500 Zuschauern nicht nur deutlich der größte Poetry Slam Bayerns (auf Platz 2 ist der Slam in der Posthalle Würzburg mit ungefähr 1.100 Zuschauern), sondern auch einer der elegantesten Poetry Slams überhaupt. Das liegt unter anderem am Artwork, der Live-Band im schwarzen Anzug, die während dem ganzen Abend auf der Bühne steht und Jingles spielt bei den Übergängen und natürlich dem Line-Up, bei dem ich immer auf Ausgewogenheit und Klasse achte. Ich weiß nicht, ob dieses Jahr alles noch schöner, cooler und witziger wird. Aber das Niveau wird auf jeden Fall gehalten. Wer das nicht glaubt, sollte einfach mal die Namen Felix Lobrecht, Lisa Eckhart, und Andy Strauß googlen.

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Du bist ja nun schon eine ganze Weile dabei. Besteht nicht die Gefahr, dass sich ein wenig Routine und Langeweile ins Poetry Geschäft einschleicht? Oder anders gefragt: Bist du noch aufgeregt, wenn du eine so große Veranstaltung wie den Master moderierst? Wie kann man auch im hohen Alter das Poetry Slam Feuer am brennen halten?

Poetry Slam ist ein Sprungbrett. Das hat Marc Kelly Smith, der Erfinder des Slam, den wir beim U20Slam2015 extra aus Chicago eingeflogen hatten, gesagt. Künstlerisch sollte man sich recht schnell davon lösen, weil man sonst an die Grenzen des Formats stößt. Ein Roman hat 200 Seiten und nicht 5. Wenn du also Romane schreiben willst, solltest du irgendwann weniger auf Slams gehen und damit anfangen, neue Kontakte zu knüpfen, vielleicht auch selber mal ein Buch lesen, wer weiß. Genauso ist es mit Comedy, Schauspielerei, Literatur, Sprechgesang, allen Kunstformen, für die Slam eine Spielwiese sein kann.

Beim Moderieren bin ich nicht aufgeregt. Das liegt aber vor allem daran, dass ich mich nicht als Moderator begreife. Für mich ist moderieren Mittel zum Zweck. Und ich persönlich mag es auch nicht, wenn Veranstaltungen „übermoderiert“ werden. Wenn das Essen gut ist, spielt der Teller keine Rolle. Ansonsten schleicht sich natürlich Routine in alles rein, was besonders dann ein bisschen ekelhaft ist, wenn gerade die Dinge routiniert werden, die eigentlich schön sein sollten: Reisen, Partys, Hotels, Restaurants, abgefahrene Leute kennen lernen. Irgendwann wird man halt abgeklärter. Man ist am liebsten daheim und kocht sich ein Ei.

 

Vorvorletzte Frage. Zukunft. Privates. War ja klar. Was steht an. Bleibst du in Regensburg? Oder zieht dich die Liebe und der Erfolg in die Schweiz, das ultimative Mekka der Straßen-Poeten?

Im Sommer werden wir eine Wohnung in Köln beziehen. Das ist das ultimative Mekka für Leute, die in Deutschland leben und Comedy machen wollen. Hoffentlich bin ich dann erst einmal sehr viel dort. Facebook-gefühlt und auch sonst. Aktuell schlafe ich nämlich nicht oft im eigenen Bett. Vielleicht 5 Nächte pro Monat, seit einem Jahr. Das bedeutet aber nicht, dass ich im klassischen Sinne umziehe. Wir behalten ja noch jeweils unsere Zimmer in Regensburg und der Schweiz. Wahrscheinlich kommt jetzt einfach jedes Jahr eine neue Wohnung dazu und dann kann ich irgendwann in 30 Jahren mein Alter an den Wohnungen ablesen. Haha. Das wäre nice.

Wann erscheint endlich dein neues Buch und worum geht es?

Das Buch erscheint im Herbst 2016. Ich kann sonst noch nicht viel dazu sagen.

Hype! Deine Botschaft an alle Regensburger?

If you’re chill forever you will never die.

Dann chillen wir mal unser Leben und freuen uns einfach nur auf den kommenden Master. Vielen Dank für das gute Gespräch, Thomas!

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