Gastkommentar Dr. Ulrich Kater: “Die Fed sollte nicht mehr lange zögern”

Gestern Abend die Entscheidung: Janet Yellen, die Chefin der Federal Reserve Bank gab vor versammelter Presse bekannt, den Leitzins immer noch nicht zu erhöhen. Den angegebenen Grund hatte der Leiter unserer Wertpapierabteilung, Matthias Schmidl, bereits im Börsengespräch Anfang dieser Woche vorweggenommen: die Weltwirtschaft ist im Augenblick zu fragil. Doch was bedeutet das jetzt für die Zukunft? Wir haben den DekaBank-Chefvolkswirt Dr. Ulrich Kater zu einem Gastkommentar gebeten.

 

Sehr geehrte Leser des Blogs der Sparkasse Regensburg,

in jüngster Zeit wurden die Entscheidungen der US-Notenbank medial genauestens verfolgt. Verständlich, denn der gestrige Tag hätte in die Geschichte eingehen können. Doch die Fed konnte sich nicht durchringen, erstmals seit Juni 2006 die Zinsen in den USA anzuheben. Sie beließ den Leitzins in der Bandbreite von 0,00-0,25 %. Die (von Bloomberg befragten) Analysten hatten zuletzt mit einer knappen Mehrheit mit dieser Entscheidung gerechnet. Die Finanzmärkte konnten – den ersten Marktreaktionen zufolge – mit der Entscheidung gut leben, nicht zuletzt auch deshalb, weil an den Finanzmärkten ohnehin implizit der erste Zinsschritt nach oben erst für Frühjahr 2016 eingepreist war. Die Fed wartet offensichtlich weiterhin auf den richtigen Moment für die erste Leitzinserhöhung. Die jüngst zutage getretenen globalen Konjunkturrisiken wie auch die für den Geschmack der Fed immer noch zu niedrigen Inflationsraten waren wohl die wichtigsten Gründe für das Zögern der obersten US-Geldpolitiker. Wir gehen nun davon aus, dass die historische Zinswende frühestens im Dezember 2015 erfolgen wird. Es ist gut möglich, dass die Fed erst im Lauf des Jahres 2016 den ersten Zinsschritt nach oben wagt.

Deka

“Kein neues Kapitel in der Geldpolitik.”

Die Ära der unermüdlichen Geldpolitik geht noch weiter. Seit einigen Jahren sind die Marktteilnehmer auf eine Geldpolitik geeicht, die die hartnäckige Wirtschaftsschwäche nach dem Platzen der weltweiten Kreditblase im Jahr 2008 mit immer neuen Instrumenten bekämpfte. Diese Politik ist erfolgreich: Wirtschaft und Finanzmärkte haben sich stabilisiert, die Arbeitslosigkeit in den USA ist von über 10 % wieder auf 5 % gefallen, was als Vollbeschäftigung gilt. Tatsächlich hat der Ausstieg aus dieser Geldpolitik bereits im Januar 2014 begonnen, als die Fed ihre Anleihekäufe langsam zurückfuhr und dann gegen Jahresende ganz einstellte. In diesem Kontext des langsamen Herunterfahrens der geldpolitischen Impulse fehlt nunmehr der nächste wichtige Schritt, die erste Zinserhöhung.

“Fed sollte nicht mehr zu lange zögern.”

Schaut man einzig und allein auf die US-Konjunktur, hätte die Fed schon längst die Zinsen anheben müssen. Daher läuft die Fed Gefahr, eine noch wenig sichtbare, aber unterschwellig bereits vorhandene Inflationsgefahr möglicherweise zu unterschätzen und zu spät zu handeln. Dies würde ein Negativszenario von stärkeren Zinssteigerungen in den Jahren 2016 und 2017 mit der Folge einer Rezession der US-Wirtschaft im Jahr 2018 heraufbeschwören. Aus unserer Sicht stellt dies jedoch ein noch unwahrscheinliches Risikoszenario dar. Nicht zu vernachlässigen ist allerdings, dass die anhaltend aggressive Geldpolitik zunehmend negative Nebenwirkungen in Gestalt von teilweise zu hohen und stark schwankenden Kursen an den Finanzmärkten zur Folge hat. Dazu gehören auch internationale Ungleichgewichte, wie etwa der Kapitalzustrom in die Emerging Markets, der sich im Falle von zukünftigen Zinsanhebungen in Kapitalabflüsse umkehren und damit diese Volkswirtschaften unter Druck setzen kann.

Daher bleibt nur zu hoffen, dass die US-Zinswende nicht zu weit in die Zukunft geschoben wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Dr. Ulrich Kater

Chefvolkswirt bei der DekaBank

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