Interview: Irgendwas mit …Thomas Spitzer!

Seit Anfang des Jahres unterstützt die Sparkasse Regensburg eines der spannendsten Projekte im Bereich Junge Kultur in Regensburg: Die frische Poetry Slam Reihe „Irgendwas mit Slam“, die sich in den vergangenen Monaten viel Aufmerksamkeit und Respekt in der Szene erworben hat. Macher & Veranstalter Thomas Spitzer hat sich bereit erklärt, uns ein paar Fragen zu seiner tollen Erfolgsgeschichte persönlich zu beantworten.

 

Lieber Herr Spitzer, vor Kurzem wurden Sie im Regensburger Szene-Magazin zum „Liebling des Monats“ gekürt, die Mittelbayerische Zeitung bezeichnete Sie jüngst als „Lebende Legende“, und an guten Tagen reicht nicht einmal das Audimax der Universität, um alle Ihre Fans in der Stadt aufzunehmen. Regensburg hat Sie anscheinend ganz fest ans mittelalterliche Herz gedrückt. Dabei sind Sie eigentlich gebürtiger Freiburger. Was ist denn da passiert?

 

Haha. Wenn ich das wüsste! Keine Ahnung. Ich habe einfach sehr viele sehr dumme Entscheidungen getroffen. Im Nachhinein stellen sich ein paar davon als mutig heraus.

 

Seit Anfang des Jahres etablieren Sie im W1, dem zentral am Haidplatz gelegenen „Zentrum für junge Kultur“ eine kleine Lesebühne, die Sie offiziell gerne schlagfertig als die „Härteste, Beste und Einzige“ in Regensburg bezeichnen. Mal ehrlich: Schwingt da nicht doch auch ein klein wenig Ironie mit? In einem persönlichen Gedicht an die Stadt vergleichen Sie diese sogar mit einer Fata Morgana in einer Fata Morgana, sprich einer „Fataception“, frei nach dem vielschichtigen Thriller „Inception“ mit Leonardo DiCaprio. Das müssen Sie uns bitte genauer erklären.

 

Wenn eine Lesebühne die einzige ist, ist sie auch die härteste und beste. Das ist zumindest mal nicht inhaltlich falsch. Aber ich denke, wer uns besucht, merkt schnell, dass wir uns nicht so ernst nehmen. Und natürlich wollen wir das auch in unserer Werbung vermitteln.

Die Zeile aus dem Gedicht geht so: „Die Stadt ist so schön wie eine Fata Morgana in einer Fata Morgana (also quasi Fataception) / Nicht umsonst bezeichnet man Regensburg auch als nebligsten Ort der Toskana.“ Es ist eine längst überfällige Liebeserklärung an die Stadt. Wenn ich schreibe ist das zunächst ein intuitiver Prozess. Leute kommen immer wieder zu mir her und sagen: „Hey, schreib doch mal dies, schreib doch mal das!“ Aber so läuft das nicht. Ich spüre, dass ich etwas schreiben muss, begebe mich in die entsprechend nötige Grundstimmung… Und dann lasse ich es fließen.

Im Nachhinein kürze ich die Texte oder feile an den Pointen. Aber es fällt mir schwer zu erklären, woher diese oder jene Stelle ursprünglich kommt. Ich glaube, Reich-Ranicki hat mal gesagt: „Ein Autor weiß nichts über seine Texte, ein Rotkehlchen weiß nichts über Ornithologie.“ Und Lukas Podolski hat mal gesagt: „Keine Ahnung. Ich hab einfach voll draufgezogen.“ Das sind die besten Erklärungen.

 

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Jeder, der „Irgendwas mit Slam“ einmal besucht hat, spürt sofort, dass hier Abend für Abend etwas ganz Besonderes, etwas sehr Persönliches passiert. Das liegt zum einen natürlich am Spielort, dem W1, aber auch an der charmanten Lässigkeit, mit der die geladenen Künstler performen. Wie bekommen Sie diese intelligente (und tatsächlich einzigartige) Mischung aus professionellem Anspruch und familiärer Atmosphäre hin? Kann man so etwas überhaupt planen, oder passiert das einfach?

 

Es freut mich, dass Sie das so spüren! Poetry Slammer verbringen auf Touren viel Zeit miteinander. Wir essen zusammen und schlafen zusammen. Nicht umsonst gibt es den Begriff der „Slamily“. In kleineren Locations wie dem W1 kann sich dieses familiäre Gefühl auch auf das Publikum übertragen. Gleichzeitig haben wir alle den Traum, von unserer Kleinkunst zu leben. Das erklärt die Professionalität. Wir lassen niemand auf unsere Bühne, der das nur wegen der Freigetränke macht oder weil er eine Wette verloren hat. Im Gegensatz zum Poetry Slam kann man bei der Lesebühne da eine Vorauswahl treffen.

 

Sie sind ja nicht nur ein erfolgreicher deutscher Poetry Slammer, sondern auch Veranstalter, Autor, Trainer, Journalist, Musiker, Moderator, HipHopper, Mathematiker und Unibeauftragter in einer Person. In Bayern bezeichnet man solche Talentbomben respektvoll als „Wolpertinger“ oder „eierlegende Wollmilchsau“.  Wenn man Sie persönlich kennen lernt, spürt man da ganz viel Energie, Humor und Selbstbewusstsein.  Haben Sie nie Angst, sich auf Ihrem bunten Karriereweg zu verzetteln oder an Schwung zu verlieren?

 

Im Grunde haben Sie die Frage schon beantwortet: Das Selbstbewusstsein hindert mich daran, mich zu verzetteln. Über die Jahre musste ich lernen, „Nein“ zu sagen und Verantwortung für meine Visionen zu übernehmen. Sonst wäre ich lost in space.

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Zum Schluss  interessiert uns natürlich, wie es mit Ihnen und der Lesereihe konkret weitergeht. Wird es konzeptuelle Veränderungen geben? Im Juni war Saisonfinale, im November geht es weiter, Sie planen zwischenzeitlich eine neue CD und veranstalten die deutschsprachigen U20-SLAM-Meisterschaften in Regensburg. Was sind Ihre Ziele fürs nächste Jahr? Stadtbekannt sind Sie ja schon!

 

Haha. Stimmt, eigentlich kann ich mich jetzt zurücklegen und denken:

Hach, ist das alles geil!

Nein. Wir sind noch lange nicht am Ende! Ich glaube, Regensburg hat das Potential – ähnlich wie Marburg oder Bamberg – ,eine Hochburg des Poetry Slam zu werden. Der von Ihnen anfangs angesprochene MASTER OF THE UNI-VERS im Audimax war unglaublich wichtig, weil er gezeigt hat, was hier alles drin ist…

Konkret geht es am 16. Juli weiter mit einem U20-Slam im W1. Für das Festival U20 Slam 2015 fehlen uns mindestens zwei Großsponsoren. Bei der Lesebühne im W1 ist es mittelfristig wichtig, den Publikumszulauf und die Qualität auf der Bühne zu sichern, das heißt: Werbung und Gastauftritte von Künstlern von außerhalb. Das Sponsoring der Sparkasse Regensburg war da schon ein wichtiger Schritt. Eventuell können wir dann langfristig in einen größeren Raum umziehen oder Gastspiele in Straubing, Amberg, Landshut und Passau machen.

Außerdem muss es sich im Regensburger Umland – wie bereits im Rest Deutschlands – herumsprechen, wie wichtig „Poetry Slam Workshops“ für den Deutschunterricht sein können. Und natürlich wäre es schön, an der Universität Regensburg noch ein paar große, studentische Kunstprojekte zu starten, wie wir das mit „bunt und kühl – Poetry meets Jazz“ gemacht haben.

Was meinen eigenen Weg als Künstler anbelangt… Nun ja. Ein Roman wäre nicht schlecht. Der Erfolg von Marc-Uwe Klingt zeigt, dass Poetry Slammern grundsätzlich keine Grenzen gesetzt sind. Der Typ ist mehrfacher Millionär, er hat drei Spiegel-Bestseller geschrieben und sämtliche Kabarettpreise gewonnen. Er war bei tv total und füllt deutschlandweit ganze Hallen mit seinem Soloprogramm. Aber ehrlich gesagt denke ich über solche Dinge nicht nach. Es geht nur um den nächsten Text. Der ist immer der beste.

 

Herr Spitzer, wir bedanken uns herzlich für dieses Gespräch!

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